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I. Herz.

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4 Einleitung.<br />

Kind, abnorm für den Erwachsenen, und eine Thymus, ein offener<br />

Ductus Botalli, die normal beim Neugeborenen, würden eine Abnormität<br />

beim Jüngling darstellen. Trägt man diesen Gesichtspunkten Rechnung,<br />

so ergiebt die Erfahrung, dass unter den vorhandenen Einzelwesen<br />

einer Art, in unserem Falle unter den Menschen, es Etliche giebt, die<br />

erhebliche Abweichungen vom menschlichen Typus darbieten und deshalb<br />

in einer oder der andern Hinsicht abnorm sind.<br />

Alle diese Abnormitäten fallen nun unstreitig in das Gebiet der<br />

Pathologie, sobald man dieselbe im weitesten Sinne nimmt, und sie<br />

finden in der That ihre eingehende Behandlung in der pathologischen<br />

Anatomie. Nichtsdestoweniger pflegen wir das Fehlen einer Niere,<br />

oder eine Hasenscharte, oder die Duplicität der Vagina nicht als eine<br />

Krankheit zu bezeichnen, sondern wir nennen das eine Anomalie,<br />

eine Deformität, und dies selbst dann, wenn es sich gar nicht um<br />

angeborene, sondern um erworbene Zustände handelt, wie z. B. bei<br />

einer Narbe, beim Fehlen einer Extremität nach Amputation oder der<br />

Vorhaut nach Circumcision. Von Krankheit reden wir vielmehr nur<br />

im Hinblick auf ein Ges chehen, ein Vorsichgehen, einen Process,<br />

und wie wir die erwähnten Anomalien in unmittelbare Beziehung<br />

bringen zu der beschreibenden Naturwissenschaft vom Menschen oder<br />

der Anatomie im weiteren Sinne, so die Krankheit zur Physiologie.<br />

Deform, anomal kann eine Leiche sein, niemals aber krank, so wie<br />

es eine Anatomie des Cadavers, aber keine Physiologie giebt. Und<br />

so sehr ist der Begriff der Krankheit an das Leben gebunden, dass<br />

in der Wissenschaft vom nicht belebten Naturreich die Ausdrücke<br />

„normal und abnorm" sehr häufig, die „gesund und krank" niemals<br />

gebraucht werden.<br />

Diese Betrachtung führt uns offenbar folgerichtig dahin, dass wir<br />

die Krankheit als eine „Abweichung vom regelmässigen d. i.<br />

gesunden Lebensprocesse" definiren. Aber wenn wir schon bei<br />

den Abnormitäten einen gewissen Grad der Abweichung vom Tvpus<br />

verlangten, um dieselbe überhaupt als solche aufzufassen, so gilt dies<br />

erst recht und noch in viel höherem Maasse von den Krankheiten.<br />

Denn während der Typus der anatomischen Einrichtung doch nur in<br />

gewissen Nebendingen variirt, so dass z. B. bestimmte Muskeln oder<br />

Knochen bei Individuen desselben Alters und Geschlechts höchstens<br />

in Bezug auf Grösse und Gewicht zu differiren pflegen so laufen<br />

bekanntlich die Lebensprocesse bei den verschiedenen Menschen unter<br />

ungleich grösseren Schwankungen ab. Auch liegt es ja auf der Hand

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