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I. Herz.

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Einleitung. 7<br />

Dingen befremden, so wollen Sie berücksichtigen, dass in allen Natur­<br />

wissenschaften der Gang vom Speciellen zum Allgemeinen geschehen<br />

ist und geschehen musste. Wie man in der Botanik früher eine Eiche,<br />

eine Fichte gekannt hat, ehe man dazu geschritten ist, den Begriff<br />

des Baumes und vollends einer Pflanze abzuleiten und festzustellen,<br />

so auch in der Pathologie. Man begegnet nie einem Mensehen, der<br />

im Allgemeinen bloss krank ist, sondern selbstverständlich immer nur<br />

solchen, die an einer oder mehreren bestimmten Krankheiten leiden —<br />

wenn wir sie auch nicht immer zu erkennen im Stande sind: das<br />

Diagnosticiren einer Krankheit ist dieselbe Thätigkeit, wie die Be­<br />

stimmung einer Pflanzenart. So ist naturgemäss die Kenntniss der ein­<br />

zelnen Krankheiten bei Weitem rascher vorgeschritten, als die Erkennt-<br />

niss des Krankheitsbegriffes, oder vielmehr, es war nöfhig, dass man<br />

bereits eine grosse Menge einzelner Krankheiten kannte, ehe man eine<br />

klare Definition von dem Wesen der Krankheit aufstellen konnte. So<br />

ist also der historische Gang der Pathologie: die Erkenntniss zahlloser<br />

einzelner Krankheiten, die specielle Pathologie, ist der Krankheits-<br />

lehre oder der allgemeinen Pathologie vorangegangen und diese erst<br />

auf der Grundlage jener entstanden. Dass dies aber der Weg war,<br />

der allein zum Ziele führen konnte, das zeigt Nichts deutlicher als<br />

die vielen, uns heute oft seltsam anmuthenden Versuche einer allge­<br />

meinen Pathologie, die in früheren Jahrhunderten unternommen worden<br />

sind, ehe das empirische Material der Kenntniss der einzelnen Krank­<br />

heiten dazu ausreichte. Man stellte speculative Systeme auf, die<br />

selbstverständlich zusammenbrechen mussten, sobald unter dem Lichte<br />

neuer Thatsachcn die specielle Pathologie ein ganz verändertes Aus­<br />

sehen bekam.<br />

Nichts ist in dieser Beziehung von grösserem Einfluss gewesen,<br />

als die Schöpfung der pathologischen Anatomie, die, wie Ihnen<br />

zweifellos bekannt ist, in Morgagni ihren Begründer verehrt. Erst<br />

seit man Erfahrungen gewonnen hatte über die Veränderungen, welche<br />

die einzelnen Organe des Körpers in den verschiedenen Krankheiten<br />

erleiden, erst von da ab konnte eine auf thatsäehlichem Boden fussendc,<br />

objeetive specielle Pathologie aufgebaut werden. In der That ist der<br />

Gegensatz in der Ausdrucks- und Anschauungsweise zwischen den<br />

früheren Jahrhunderten und dem jetzigen gar nicht gross genug zu<br />

denken, und es bedarf jedesmal erst einer förmlichen Untersuchung,<br />

um festzustellen, was die älteren Schriftsteller mit bestimmten Krank­<br />

heitsnamen eigentlich gemeint haben: es fehlt eben jener sicherste

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