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Analysis

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3. KLASSISCHE MECHANIK 1253<br />

Richtung aneinander vorbeifliegen, und einen Lichtstrahl, der in Richtung<br />

der einen Rakete zwischen ihnen hindurchsaust. Müßte in diesem Fall nicht<br />

von den beiden Besatzungen für diesen Lichtstrahl eine unterschiedliche Geschwindigkeit<br />

gemessen werden? Statt im weiteren stets von “Rakete Eins”<br />

und “Rakete Zwei” zu reden, denken wir uns der Klarheit der Darstellung<br />

halber lieber den einen Beobachter in einem sehr langen Zug und nennen ihn<br />

den Schaffner, und denken uns den anderen Beobachter auf einem Bahnhof,<br />

durch den der besagte Zug fährt, und nennen ihn den Bahnhofsvorsteher.<br />

Der Schaffner mißt seinen Zug sorgfältig aus und setzt sich genau in die Mitte.<br />

Gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem sich Schaffner und Bahnhofsvorsteher<br />

gegenüberstehen, sehen beide auch noch die Vorder- und die Rücklichter des<br />

Zuges aufleuchten. Daraus ziehen sie jedoch unterschiedliche Schlüsse. Der<br />

Schaffner sagt: Na klar, die sind gleichzeitig angegangen. Der Bahnhofsvorsteher<br />

dahingegen meint: Als diese Lampen ihr Licht ausgesandt haben, das<br />

ist ja nun eine kleine Weile her, war die Lokomotive noch näher am Bahnhof<br />

als der Schlußwagen, folglich müssen die Lichter des Schlußwagens etwas früher<br />

angegangen sein, damit ihr Licht dennoch meine Augen zur selben Zeit<br />

erreichen konnte wie das Licht aus den Lampen der Lokomotive.<br />

3.15.3. Wer hat aber denn nun recht? Unmittelbar würde man wohl erst<br />

einmal sagen: Der Bahnhofsvorsteher hat recht, denn er bewegt sich nicht;<br />

Dann aber erinnert man sich, daß ja auch der Bahnhof selbst durchs Weltall<br />

rast und daß es sich auch um unsere zwei Raketen handeln könnte, und dann<br />

fällt uns die Entscheidung möglicherweise schon nicht mehr so leicht, wer von<br />

beiden denn nun recht hat.<br />

3.15.4. Die “Relativitätstheorie” löst diesen Widerspruch wie folgt auf: Beide<br />

haben recht und wir müssen unsere Vorstellung von einer “absoluten Zeit”<br />

aufgeben. Was für den einen Beobachter gleichzeitig ist, ist es für den anderen<br />

noch lange nicht! Präziser modelliert man in der Relativitätstheorie Raum<br />

und Zeit gemeinsam als eine Menge von “Raum-Zeit-Punkten” oder “Ereignissen”.<br />

Das Aufleuchten eines Vorderlichts unseres Zuges etwa wäre solch<br />

ein Ereignis, oder auch das Aufleuchten eines Rücklichts. Jeder unserer beiden<br />

Beobachter ordnet jedem solchen Ereignis in einer Weise, die wir noch<br />

ausführlich diskutieren werden, vier reelle Zahlen zu: Drei Raumkoordinaten<br />

und eine Zeitkoordinate. Und in unserem speziellen Fall würde eben der<br />

Schaffner den beiden fraglichen Aufleucht-Ereignissen dieselbe Zeitkoordinate<br />

zuordnen, der Bahnhofsvorsteher dahingegen verschiedene Zeitkoordinaten.<br />

3.15.5. Das hat hinwiederum auch für die Längenmessung Konsequenzen:<br />

Der Bahnhofsvorsteher würde ja wohl vernünftigerweise die Länge des Zuges<br />

erklären, indem er gleichzeitig in seinem Sinne die Ortskoordinaten von Lokomotive<br />

und Schlußwagen bestimmt und die Differenz bildet. Er wird dabei ei-

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