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Analysis

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1. HOLOMORPHE FUNKTIONEN 1357<br />

1.6.2. Beim ersten Hinsehen mag es so scheinen, als ob in dieser Formel die<br />

komplexe Zahl i eine ungebührliche Sonderrolle spielte, denn warum sollte<br />

eine der beiden Wurzeln aus −1 hier besser sein als die andere? Dieser scheinbare<br />

Widerspruch löst sich jedoch auf, wenn wir bedenken, daß es auch von<br />

der Wahl einer Wurzel aus −1 abhängt, welchen Weg um eine Kreisscheibe<br />

wir als “im Gegenuhrzeigersinn umlaufend” bezeichnen. Das ist ja überhaupt<br />

nicht sehr mathematisch und hängt sowohl von der Konvention der Uhr ab<br />

als auch von der Konvention, daß wir in der Zahlenebene 1 nach rechts und<br />

i nach oben abtragen. Ist ganz präzise p das Zentrum unserer Kreisscheibe<br />

und R ihr Radius, so meinen wir in Formeln den Weg γ : [0, 1] → C gegeben<br />

durch t ↦→ p + Re 2πit . Die Integralformel von Cauchy wird sich später auch<br />

als ein Spezialfall des Residuensatzes 2.2.9 erweisen.<br />

1.6.3. Der Pfeil über dem K soll wie in IV.7.3.7 die Wahl der Orientierung<br />

dieser berandeten Untermannigfaltigkeit von C andeuten. Genauer versehen<br />

wir den R-Vektorraum C mit der Orientierung, für die R 2 ∼ → C, (x, y) ↦→<br />

x + iy eine positiv orientierte Karte ist, K erbt eine Orientierung als glatt<br />

berandete Teilmenge, und ∂K schließlich wird versehen mit der auf dem Rand<br />

induzierten Orientierung.<br />

Beweis. Nach der Invarianz des Wegintegrals unter freier Homotopie 1.4.16<br />

bleibt die rechte Seite unverändert, wenn wir unseren Weg ∂ K ersetzen durch<br />

den kreisförmigen Weg γε um w mit beliebigem Radius ε, sofern nur besagter<br />

Weg ganz in unserer Kreisscheibe verläuft. Es reicht also zu zeigen<br />

1<br />

f(w) = lim<br />

ε→0 2πi<br />

<br />

γε<br />

f(z)<br />

z − w dz<br />

Nun hat ja γε die Form γε : [0, 2π] → C, t ↦→ w+ε eit . Die fraglichen Integrale<br />

ergeben sich damit zu<br />

1<br />

2πi<br />

2π<br />

0<br />

f(w + ε eit )<br />

ε eit iε e it dt = 1<br />

2π<br />

2π<br />

0<br />

f(w + ε e it ) dt<br />

und konvergieren wegen der Stetigkeit von f offensichtlich gegen f(w).<br />

Korollar 1.6.4 (Mittelwerteigenschaft). Der Wert einer holomorphen<br />

Funktion im Zentrum einer beliebigen abgeschlossenen Kreisscheibe aus ihrem<br />

Definitionsbereich ist der Durchschnitt über ihre Funktionswerte auf dem<br />

Rand besagter Kreisscheibe.<br />

Beweis. Dieser Satz gibt nur in Worten die Aussage der Integralformel in<br />

dem Spezialfall wieder, daß w das Zentrum der Kreisscheibe ist, wie in den<br />

letzten Zeilen des vorhergehenden Beweises bereits ausgeführt wurde.

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