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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Da war ein Geräusch neben ihr.<br />

Da war ein Geräusch neben ihr! Nicht irgendwo am anderen Ende<br />

<strong>des</strong> Kreuzganges, sondern direkt an ihrer Seite! Entgeistert sah sie<br />

nach rechts, und dort stand, aus dem Boden gewachsen, düster in<br />

seinem langen dunklen Gewand, ein Mensch. Ein verdammter,<br />

vermaledeiter Mensch! Und sie hatte ihn nicht kommen hören!<br />

Und in diesem Moment registrierte das Opfer den Menschen.<br />

Blitzschnellhatte es sich um seine eigene Achse gedreht und rannte,<br />

stürzte sich in die Grasbüschel am Rand <strong>des</strong> Innenhofs und verschwand<br />

in einer Mauerritze.<br />

Der Mensch stieß jene seltsamen, menschentypischen Schnatterlaute<br />

aus, während er neben ihr in die Knie sank, und tastete<br />

mit einer weißen Hand nach ihrem Kopf. Aber sie war im Moment<br />

nicht zu Höflichkeiten aufgelegt; mit einem Fauchen wich sie ihm<br />

aus und trabte der Mauer zu.<br />

Es war nicht so sehr der Umstand,dass er sie um einen weiteren<br />

Jagderfolg gebracht hatte. Vielmehr hatte sie die Tatsache, dass ein<br />

Mensch sich ihr nähern konnte, ohne dass sie ihn bemerkte, zutiefst<br />

in ihrem Ehrgefühl als Katze verletzt.<br />

104<br />

***<br />

Er hieß Bruder Antonius. Zumin<strong>des</strong>t war das der Name, den er<br />

sich gegeben hatte, als er, ein halbes Kind noch, vor über zehn Jahren<br />

dem Augustinerkonvent in Ais beigetreten war. Noch immer<br />

war er als jung zu bezeichnen, fünfundzwanzig, höchstens sechsundzwanzig<br />

Jahre alt, doch wie die meisten Mönche machten ihn<br />

die strenge dunkle Kutte und die Tonsur älter, als er war, und das<br />

hagere, ernste Gesicht und die grauen Strähnen in seinem Haarkranz<br />

taten ein Übriges. Nicht dass sie eine neuere Erscheinung<br />

waren, diese grauen Strähnen. Er gehörte offensichtlich zu denen,<br />

die schon früh ergrauen. Sehr früh. Es gab ein paar Mitbrüder aus<br />

der Zeit<strong>des</strong> Noviziats, die ihn damit aufzuziehen pflegten, er habe<br />

schon bei seinem Eintritt in den Orden graue Haare gehabt.<br />

Bruder Antonius. Es hätte viele Namen gegeben, die in Frage<br />

gekommen wären, Roger war ganz oben auf der Liste gestanden<br />

– nach Roger Bacon –, dicht gefolgt von Thomas – nach Thomas

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