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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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fischte nach einer weiteren Blutader. «Cristino, einen Faden – dir<br />

geht’sgut, ja?»<br />

«Ja. Bestens.» Cristino war restlos fasziniert.<br />

Eine Viertelstunde und zwei Adern später sickerte nur noch<br />

wenig Blut aus Frederi Jùlis Schulter. Beatrix spülte die Wunde<br />

mit einer Kräutertinktur, stopfte sie erneut mit Scharpie aus und<br />

wickelte einen festen Verband um die Schulter. Dann gingen sie<br />

daran, den gebrochenen Arm zu schienen. «Man sollte ein gebrochenes<br />

Glied immer gleich einrichten», knurrte Beatrix, während<br />

sie und Antonius an Frederi Jùlis Arm herumzerrten, dass Cristino<br />

schließlich doch noch beinahe schlecht wurde. «Wenn eserst<br />

einmal geschwollen ist, ist es viel schwieriger.» Cristino dankte<br />

Gott im Himmel, dass der arme Frederi Jùli wenigstens nicht bei<br />

Bewusstsein war. Schließlich waren die beiden zufrieden und wickelten<br />

den Arm an einem zweckentfremdeten Wäscheklopfer fest.<br />

Tante Beatrix nahm einen Schwamm und wusch den Körper <strong>des</strong><br />

Jungen ab, damit sich kein Schmutz in seinen zahlreichen Schrammen<br />

festsetzen konnte. Dann wickelte sie ihn wieder in die Decke.<br />

«Gut», sagte sie. «Das war unser Anteil. Alles weitere liegt in Gottes<br />

Hand.» Sie zog Frederi Jùli in ihre Arme und trug ihn zur Tür.<br />

«Tante Beatrix, ich möchte das auch lernen», sagte Cristino.<br />

«Was?»<br />

«Na ja… Kranken zu helfen.»<br />

Über Beatrix’ erschöpftes Gesicht glitt ein Lächeln. «Warum<br />

nicht?», sagte sie. «Es gibt immer wieder Edelfrauen, die uns bei<br />

der Pflege der Kranken zur Hand gehen.»<br />

«Das meine ich nicht!», erklärte Cristino. «Ich möchte nicht bloß<br />

zur Hand gehen! Ich möchte das tun, was Ihr tut!»<br />

Sie schüttelte den Kopf. «Das geht doch nicht, Cristino, und das<br />

weißt du. Um das zu tun, was ich tue, müsstest du entweder Arzt<br />

sein, oder Nonne wie ich. Arzt kannst du nicht werden, weil du eine<br />

Frau bist. Und Nonne …» Sie lächelte traurig. «Denkst du wirklich,<br />

du könntest dir vorstellen, die Gelübde abzulegen?»<br />

Cristino presste die Lippen zusammen. Sie antwortete nicht.<br />

Beatrix seufzte. «Es ist schade, ich weiß. Du bist, glaube ich, nicht<br />

unbegabt.» Und sie trug Frederi Jùli aus dem Raum.<br />

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