04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

der eines Festes würdig war. <strong>Die</strong> Zofe holte das Kleid. Cristino stand<br />

auf. Der Raum kam ihr seltsam vor. Verzerrt. Wie eines jener Altarbilder<br />

aus den vergangenen Jahrhunderten, auf dem die Häuser<br />

kleiner alsdie Menschen sind. <strong>Die</strong> Stimmen der Wände waren lauter<br />

geworden, dröhnten in ihrem Kopf, sie verspürte den Wunsch,<br />

sich die Hände über beide Ohren zu pressen. Lauter summte sie.<br />

<strong>Die</strong> Zofe warf ihr erstaunte Blicke zu.<br />

Sie schlüpfte in das Kleid. Schweratmend stand sie, während die<br />

Zofe die Haken verschloss und die Spitze drapierte. Ihre Hände zitterten.<br />

Sie musste hier weg, heraus aus diesem seltsamen Raum,<br />

zurück zu den anderen! Blö<strong>des</strong> Gewitter! Blöder Couvencour! Alles<br />

blöde, aber wirklich!<br />

«So, nun seid Ihr wieder fein», meinte die Zofe, strahlend über<br />

ihr eigenes Werk. «Ein hübsches Mädchen seid Ihr, alle Achtun g.»<br />

Cristino, die <strong>Die</strong>nstboten bei vergleichbaren Komplimenten<br />

sonst mit einem gnädigen Lächeln zu bedenken pflegte, starrte nur<br />

stumm vor sich hin. IhreOhren schmerzten von den Stimmen der<br />

Wände.<br />

«Ein nettes Liedchen, das Ihr da singt», sagte die Zofe. «Seltsam,<br />

gerade dieses.»<br />

Cristino hob verwirrt den Kopf. «Wieso?», fragte sie benommen.<br />

«Ach, <strong>des</strong>halb.» <strong>Die</strong> Zofe griff nach einem Perlmuttkästchen auf<br />

der Frisierkommodeund öffnete den Deckel.<br />

Sie glitt aus den Tiefen <strong>des</strong> Kästchens heraus, eine Tänzerin,<br />

zierlich, elegant, gekleidet in ein himmelblaues Spitzenkleid, und<br />

die Melodie, Cristinos Melodie, wehte in hellen Glockenklängen<br />

durch den Raum, während die Tänzerin sich sanft in ihrem Rhythmus<br />

drehte. «Ein Spielzeug», sagte die Zofe lächelnd. «Es hat einer<br />

der jungen Barounetos gehört, glaube ich.»<br />

Cristino sagte nichts. Ihr Mund war staubtrocken. Ohne die<br />

<strong>Die</strong>nerin eines weiteren Blickes zu würdigen, stürzte sie aus dem<br />

Raum.<br />

Sie wusste selbst nicht genau, wohin sie eigentlich lief. Wände<br />

zu beiden Seiten, flankiert von <strong>Die</strong>nern, die Kerzen entzündeten,<br />

gesichtslose, statuenhafte Gestalten. Sie lief, ihre Schuhe klapperten<br />

auf dem Steinboden. Eine Tür, geh hindurch, Cristino, dahinter<br />

kommt die Treppe, diese weite, geschwungene Treppe, die in<br />

471

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!