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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Cristino erwachte, als ihr die Morgensonne ins Gesicht schien, und<br />

entgegen ihrer Gewohnheit, bis zur letztmöglichen Sekunde im<br />

Bett zu bleiben, stand sie auf und kleidete sich an, wobei sie darauf<br />

verzichtete, die Zofe zu holen, um ihre Mutter und Catarino nicht<br />

zu wecken.<br />

Unten in der Schankstube wurde bereits fieberhaft ein Frühstück<br />

vorbereitet. Cristino schritt damenhaft an den Wirtsleuten<br />

und Mägden vorbei, die sich ehrerbietig vor ihr verneigten – sie<br />

genoss es, es gab ihr das Gefühl, erwachsen zu sein –, und trat auf<br />

die sonnenüberflutete Straße hinaus.<br />

Im Stall fand sie Loís, der die Pferde striegelte. Er sah nicht auf<br />

von seiner Arbeit,dennoch zweifelte sie nicht daran,dass er wusste,<br />

dass sie da war. Er erkannte je<strong>des</strong> Mitglied der Familie am Schritt.<br />

Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und sah zu, wie die Hand mit<br />

der Bürste durchdas Fell <strong>des</strong> Falben strich.<br />

«Couvencour ist weg», sagte Loís.<br />

«Ich weiß. Ich habe gehört, wie er aufgebrochen ist.» Sie starrte<br />

auf ihre goldbestickten Schuhe. «Warum ist er gegangen, was<br />

meinst du?»<br />

Loís hob die Schultern. «Der Wirt sagt, da wäre einer gekommen,<br />

mit einer Nachricht für ihn.»<br />

«Hm.» Sie zog die Nase hoch. «Wenigstens verabschieden hätte<br />

er sich ja können.»<br />

«Sehr wohl, junge Herrin.» Wie immer, wenn er sie so anredete,<br />

hatte sie das Gefühl, einen Anflug von Spott aus seinen Worten<br />

herauszuhören. Es ärgerte sie. Irgendwann würde sie mit Frederi<br />

über seine Respektlosigkeit reden müssen.<br />

«Er ist ein Glückspilz, dieser Couvencour», fuhr Loís fort, der<br />

Mähne<strong>des</strong> Falben zugewandt.<br />

«Wieso Glückspilz?»,fragte Cristino mit gerunzelter Stirn. Wieder<br />

eine Respektlosigkeit?<br />

«Ach, nur so … Ihr solltet ins Haus gehen, junge Herrin. Ich<br />

denke, sie warten auf Euch.»<br />

«Denken ist nicht deine Aufgabe, <strong>Die</strong>ner», sagte sie hochmütig,<br />

und ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, schritt sie zum Haus<br />

zurück.<br />

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