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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Tante Beatrix?»<br />

«Hm?»<br />

«Wie war das damals, als Vater starb?»<br />

«Ich habe dir doch schon einmal gesagt, du musst das Frederi<br />

fragen.»<br />

«Nein, ich meine … wie passiert so etwas? Eine Seuche, meine<br />

ich.»<br />

«Nun, Seuchen entstehen eben oft in Notzeiten, besonders in<br />

Kriegen, wenn viele Menschen zu Tode kommen und nicht richtig<br />

begraben werden …»<br />

«Das weiß ich. Das meine ich nicht.» Cristino schüttelte den<br />

Arm ihrer Tante ab. «In den Büchern steht immer, dass Krankheiten<br />

entstehen, wenn das Gleichgewicht der Körpersäfte durcheinanderkommt.<br />

Paracelsus sagt, Krankheiten entstehen, wenn der<br />

innere Alchemist versagt. Aber wie passt das alles zu Seuchen? Es<br />

kann doch nicht bei allen Menschen gleichzeitig zu einer Störung<br />

der Körpersäfte kommen, oder?» Sie schwieg einen Moment. Dann<br />

sagte sie: «Glaubst du an das Contagion?»<br />

Tante Beatrix lächelte. «Das Contagion? Du meinst, dass es eine<br />

Substanz gibt, die eine Krankheit von einem Menschen auf den<br />

anderen übertragen kann? Sag bloß, du hast Fracastoro gelesen…<br />

Nun, in Hinblick auf Seuchen muss man ja fast daran glauben. Jeder<br />

verhält sich so, als ob es das Contagion gäbe. Sonst wären Quarantänemaßnahmen<br />

ja sinnlos.»<br />

«Aber wenn das so eindeutig ist, warum wird es von so vielen<br />

Medizinern dann als Aberglaube abgetan?»<br />

Tante Beatrix hob in ihrer typischen Art die Augenbrauen.<br />

«Neue Ideen brauchen immer eine Weile, sich durchzusetzen. Mit<br />

einer Weile meine ich ein paar hundert Jahre. Denk mal an die Sache<br />

mit dem Blutkreislauf. Als Miguel Servet vor zwanzig Jahren<br />

gesagt hat, das Blut fließe vom Herz über die Lungenarterien in<br />

die Lunge und über die Venen zurück, da ging ein Schrei der Entrüstung<br />

durch die Ärzteschaft. Dabei haben mein Bruder und ich<br />

schon Jahre zuvor in der Bibliothek der Universität Padua ein Dokument<br />

gesehen, in dem ein Reisender von den Forschungen eines<br />

arabischen Gelehrten aus dem 12 .Jahrhundert berichtete, und dieser<br />

Araber hat schon damals den Blutkreislauf gekannt. Eine uralte<br />

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