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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Sie nickte und schniefte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte<br />

sie das Gefühl, dass jemand die Sache mit ihrem Vater wirklich<br />

verstand.<br />

Später wurden Lieder gesungen. Jemand klimperte auf einer<br />

Laute dazu, ein anderer schlug den Rhythmus auf einer Trommel.<br />

Reihum stimmte einer ein Lied an, und wer immer auch nur im<br />

Entferntesten den Text oder die Melodie kannte, sang oder summte<br />

mit. Ein paar Lieder kannte Catarino – Quand je bois du vin clairet<br />

und Aquelo Mountagno zum Beispiel –, viele waren aber in fremdländischen<br />

Sprachen und hatten seltsam anmutende Melodien.<br />

Dennoch faszinierten sie sie, und sie hätte stundenlang zuhören<br />

können. Schließlich forderte man auch sie auf, ein Lied zu singen.<br />

Sie zierte sich etwas und meinte, sie könne gar nicht singen, aber<br />

ihre Gastgeber waren unerbittlich, und schließlich gab Catarino,<br />

von der Laute begleitet und erstaunt über ihre eigene Courage, eine<br />

gar nicht so untalentierte Version von Pourquoy tournez vous voz<br />

yeux gratieux zum Besten. Alle klatschten Beifall.<br />

Noch später wurde getanzt. Nicht die Art Tanz, die Catarino<br />

kannte; die Tänze hier hatten keine Regeln, und wenn sie welche<br />

hatten, so waren sie einem Außenstehenden nicht ersichtlich.<br />

Catarino kam es vor, dass jeder sich zur Musik bewegte, wie es<br />

ihm gefiel. Manche tanzten allein, andere paarweise, eine Flöte<br />

spielte dazu, eine Laute, eine Cornamuse, zwei Trommeln und ein<br />

Tambourin. Irgendwann griff Hannes nach ihrer Hand und sagte,<br />

kommt, tanzt mit mir. Sie jammerte, dass sie diese Art Tanz nicht<br />

könne, doch er lachte nur und zog sie mit sich.<br />

Einmal, während sie sich im Schein <strong>des</strong> flackernden Feuers um<br />

ihre Achse drehten, stolperte sie über eine Unebenheit im Boden,<br />

und er drückte sie an sich, damit sie nicht fiel. Einen Moment lang<br />

lag ihr Kopf auf seiner Brust, und sie konnte seinen Herzschlag hören<br />

und roch den Geruch seines Wamses, ein Geruch nach Arbeit<br />

und Staub, aber gleichzeitig auch nach Leben. Sie riss sich los und<br />

floh zu ihrem Platz am Feuer zurück.<br />

<strong>Die</strong> Stadttore hatten längst geschlossen, und Catarino wollte sich<br />

nicht der Peinlichkeit aussetzen, das Nachttor an der Porto Nosto<br />

Damo zu benutzen, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als bei<br />

den Gauklern zu übernachten. Juana, die Akrobatin, stellte ihr ihr<br />

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