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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Ingelfinger, Peter Ingelfinger», stellte der hellhaarige Fremde sich<br />

vor und nahm in dem Sessel gegenüber <strong>des</strong> großen Schreibtischs<br />

Platz, den der andere ihm anbot.<br />

Petri war ein vierschrötiger Mannum die fünfzig, mit schütterem<br />

blonden Haar, das in wirren Strähnen seinen Kopf bedeckte. Er ging<br />

um seinen Schreibtisch herum,griff nach dem Glas, das dort stand,<br />

setzte es an seine Lippen, besann sich dann doch seiner guten Erziehung<br />

und fragte: «Kann ich Euch etwas anbieten? Weißwein,<br />

Rotwein, Branntwein? Etwas anderes gibt es bei den Franzacken<br />

ja nicht, das Bier hier ist schlichtweg ungenießbar. Könnte Euch<br />

höchstens noch einen feinen Obstschnaps aus der Heimat anbieten,<br />

wie wär’s?»<br />

Der Hellhaarige bedankte sich höflich und meinte, Rotwein wäre<br />

durchaus in Ordnung.<br />

Während er nach dem <strong>Die</strong>ner rief, dem Besucher ein Glas Wein<br />

zu bringen, betrachtete Petri ihn verstohlen. Das also war der neue<br />

Leiter der Amtei für Frankreich. Fast ein bisschen jung für so einen<br />

Posten, hätte einem Mann wie Trostett, der sich dreißig Jahre in<br />

diesem Geschäft ins Zeug gelegt hatte, besser angestanden. Zumal<br />

der Kerl ja Protestant war. Religionsfrieden hin oder her, dass die<br />

Kerle sich jetzt überall als Leithammel aufspielten, war wirklich<br />

das Letzte!<br />

«Darf ich fragen, was Euch zu mir geführt hat, Herr Im…<br />

In…»<br />

«Ingelfinger», ergänzte der andere zuvorkommend. Wie auch Petri<br />

bemühte er sich redlich um die Prager Verkehrssprache, doch der<br />

süddeutsche Akzent war ebenso unverkennbar wie Petris Platt.<br />

«Ihr seid Schwabe?», fragte Petri und nickte dem eintreffenden<br />

<strong>Die</strong>ner zu, das Glas vor Ingelfinger auf den Schreibtisch zu<br />

stellen.<br />

«Hohenloher», verbesserte der andere lächelnd. «Aus Schwäbisch<br />

Hall, umgenau zu sein.»<br />

Ein Reichsstädter, natürlich, das passte mal wieder! Aufrührerisches<br />

Gesocks, das den Fürsten den Respekt verweigert. Wenn<br />

es etwas Schlimmeres gab als Protestanten, dann protestantische<br />

Reichsstädter! «Nun denn, was führt Euch hierher? Ich wüsste<br />

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