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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Gemäß Aubérys Darstellung war es in erster Linie Jean Maynier,<br />

der auf die Ausführung <strong>des</strong> Arrêts gedrängt und sie schließlich<br />

auch durchgesetzt hat. Er soll es auch gewesen sein, der dafür<br />

sorgte, dass neben Mérindol noch zahlreiche andere Dörfer zerstört<br />

wurden, auf die sich der Arrêt eigentlich gar nicht bezog.<br />

Es fragt sich, was Maynier dazu trieb, derart fanatisch auf die<br />

Vernichtung der Waldenser zu drängen. Religiöser Fanatismus<br />

scheint die naheliegendste Erklärung zu sein, aber es gibt zahlreiche<br />

Spekulationen über andere Motive. Beliebt ist die Theorie,<br />

dass er um die Hand der Gräfin Cental angehalten hatte und zurückgewiesen<br />

worden war. Es gibt auch in der Tat Indizien dafür,<br />

dass er bewusst versucht hat, gerade die Gräfin Cental zu schädigen<br />

– in den Ermittlungen, die das Parlament von Aix in den Jahren vor<br />

1545 führte, wurde keines der Dörfer der Cental in Zusammenhan g<br />

mit den Waldensern gebracht, dennoch wurden sie ausnahmslos<br />

zerstört. Wenn die Geschichte mit Mayniers Heiratsan tra g an die<br />

Gräfin Cental wahr ist, so steckten hinter diesen Heiratsplänen<br />

aber vermutlich weniger emotionale Gründe als handfeste wirtschaftliche<br />

Interessen. Aubérys Bericht spricht zumin<strong>des</strong>t dafür,<br />

dass es Maynier und den ihn unterstützenden Adligen in erster<br />

Linie darum ging, sich die zu den Dörfern gehörenden Ländereien<br />

anzueignen. Sowohl Maynier als auch viele Parlamentsmitglieder<br />

und nicht zuletzt Mayniers Verwandte – die Familien Jansoun,<br />

Faucoun und Pourrières – haben sich laut Aubéry im Rahmen <strong>des</strong><br />

Arrêtde Mérindol bereichert.<br />

Aubérys Bericht zufolge hat sich Maynier das Einverständnis <strong>des</strong><br />

französischen Königs – damals noch François I. – durch zahlreiche<br />

Intrigen und eine komplett falsche Darstellung <strong>des</strong> «Waldenserproblems»<br />

erschlichen. Er geht sogar so weit, Maynier eine glatte<br />

Urkundenfälschung vorzuwerfen: Maynier habe dem Conseil privé<br />

<strong>des</strong> Königs ein völlig anderes Dokument zur Absegnung vorgelegt;<br />

dem Ermächtigungsschreiben <strong>des</strong> Königs sei der Arrêt de Mérindol<br />

erst im Nachhinein angefügt worden. Aubéry belegt dies damit,<br />

dass sich keiner der beteiligten königlichen Beamten mehr an den<br />

Arrêt erinnern wollte und dass das Siegelwachs, mit dem der Arrêt<br />

de Mérindol dem königlichen Ermächtigungsschreiben angeheftet<br />

worden war, in der königlichen Verwaltung nichtgebräuchlich sei.<br />

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