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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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habe ich sie letztens doch gesehen, an unserem ersten Abend in<br />

Ais. Vielleichtgeht sie daja jeden Abend hin.»<br />

«Ja, vielleicht. Vielleicht auch nicht», meinte Fabiou wenig<br />

überzeugt.<br />

«Wenn du zum ersten Mal seit dreizehn Jahren wieder an dem<br />

Ort bist, wo deine Eltern und dein Bruder begraben sind, wür<strong>des</strong>t<br />

du dann nicht auch öfters zu den Gräbern gehen?»<br />

«Aber nicht zwingend jeden Abend», grummelte Fabiou.<br />

«Es kommt auf einen Versuch an», erklärte Catarino. «Kommt<br />

ihr mit?»<br />

Zehn Minuten später schlichen sich die drei Geschwister auf<br />

Zehenspitzen aus der Haustür, nachdem Frederi Jùli hilfsbereiterweise<br />

den Pförtner zum Wein holen in den Keller geschickt hatte.<br />

Weitere zehn Minuten später hatten sie den Friedhof erreicht.<br />

<strong>Die</strong> Sonne stand schon tief und warf ein intensives Licht über<br />

die Grabsteine, die wie aus Gold schienen. Lange Schatten zogen<br />

über die Wege, auf denen einige alte Weiber zu den Gräbern ihrer<br />

Männer humpelten. Es war noch ziemlich heiß.<br />

Catarino stand starr vor dem Grab ihres Vaters, ohne nach rechts<br />

oder links zu blicken. Cristino wanderte geistesabwesend durch die<br />

Gräberreihen. Fabiou stand und schaute auf den Grabstein, der den<br />

Namen Cristou Kermanach de Bèufort trug. Unter seiner Benommenheit<br />

kam mehr und mehr eine gewaltige Verwirrung zu Tage.<br />

In den vergangenen Tagen hatte er mehr als widersprüchliche Informationen<br />

über seinen Vater erhalten. <strong>Die</strong> Lobeshymnen von<br />

Oma Felicitas, seiner Mutter und Frederi, die seltsame Tatsache,<br />

dass seinen Vater einerseits kaum jemand zu kennen schien, dass<br />

ihm <strong>des</strong>sen Name andererseits bei denen, die ihn kannten, Tür und<br />

Tor zu öffnen schien – man denke nur an Suso und Louis Piqueu<br />

–, und jetzt die vernichtenden Urteile von Onkel Philomenus und<br />

Tante Eusebia. Was für ein Mensch war dieser junge Mann gewesen,<br />

der irgendwann 1545 im Alter von vierundzwanzig Jahren an<br />

einem Fieber gestorben war, nachdem er drei <strong>Kinder</strong> in die Welt<br />

gesetzt und eine laut Tante Eusebia recht zweifelhafte Karriere als<br />

Jurist absolviert hatte?<br />

Sein Blick wanderte nach rechts, zum Grabstein seines Onkels.<br />

Pierre Martin Avingou. Auch so eine rätselhafte Figur. Ein Genie,<br />

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