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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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In diesem Moment war lautes Gezeter unten auf dem Gang zu<br />

hören, Onkel Philomenus’ Poltern, Tante Eusebias Jammern und<br />

das Fluchen von Oma Felicitas. Und über allem lag die wütende<br />

Stimme von Tante Beatrix, die rief: «Ihr werdet michjetzt zu Cristino<br />

lassen, habt ihr verstanden?»<br />

***<br />

Als sie so in ihrem schwarz-weißen Habit vor den Mädchen in deren<br />

Zimmer stand, fiel den beiden erneut auf, wie jung sie aussah.<br />

Jünger als Tante Eusebia, jünger auch als ihre Mutter, obwohl sie<br />

einige Jahre älter sein musste. Vielleicht war es ja doch so, wie Bruder<br />

Antonius immer behauptete, dass Schminke Falten macht.<br />

Tante Beatrix ging zum Fenster. Draußen sank die Sonne über<br />

Ais und tauchte die Carriero de Jouque in einen unirdischen Glanz.<br />

Beatrix’ Blick fiel auf die Berge von Büchern, die sich auf dem Tisch<br />

stapelten. «Wer von Euch liest denn so etwas?», fr a gte sie.<br />

Cristino wurde rot. Sie wusste, wie unschicklich ihre Lektüre<br />

war. «Cristino», sagte Catarino rasch.<br />

Tante Beatrix nahm ein Buch vom Tisch und hielt es gegen das<br />

Licht. <strong>Die</strong> Sonne warf ihren goldenen Schimmer darüber. «Der Vesalius»,<br />

murmelte sie. «<strong>Die</strong> haben Pierre gehört. Ich hatte schon<br />

befürchtet, Philomenus hätte sie weggeworfen.» Sie hob den Blick<br />

und richtete ihn auf Cristino. «So etwas interessiert dich, ja?»,<br />

fragte sie.<br />

Cristino sank in sich zusammen. «Mhm ja», murmelte sie kaum<br />

hörbar.<br />

«Schön!», sagte Tante Beatrix erfreut. «Sehr lobenswert!»<br />

<strong>Die</strong> Mädchen sahen sich an. Lobenswert fand ihre Tante das.<br />

Catarinos Blick nach zu urteilen schien sie erheblich an Beatrix’<br />

Verstand zu zweifeln.<br />

«Hübsches Zimmer», meinte Tante Beatrix mit einem Blick in<br />

die Runde.<br />

«Na ja… es ist ziemlich klein zu zweit.» Catarino rümpfte die<br />

Nase.<br />

Tante Beatrix ließ ein helles Lachen hören. «Wohnt mal wie ich<br />

zwanzig Jahre lang in einer Klosterzelle, mit einer Pritsche als Bett<br />

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