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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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fernzubleiben.» «Halt den Rand, Philomenus!», schrie Frederi, immer<br />

noch den Tränen nah. «<strong>Die</strong>se Memme», zischelte Tante Eusebia,<br />

und Fabiou fühlte, wie die Verachtung gegenüber seinem<br />

Stiefvater ihm den Magen herumdrehte. «Alles ist so ungerecht»,<br />

heulte Catarino einen Stock höher in ihr Kissen. «Mir ist dieser<br />

blöde Vascarvié auf den Fersen und verbreitet bösartige Gerüchte<br />

über mich, aber dafür interessiert sich keiner, immer d reht sich<br />

alles nur um Cristino!»<br />

Am dritten Tag, den Cristino ohne ein Wort zu sprechen und<br />

ohne einen Bissen zu essen in ihrem Bett verbracht hatte, saß Frederi<br />

an ihrer Seite, tätschelte ihre Hand, streichelte ihr Haar und<br />

sagte: «Cristino, sag etwas, sprich mit mir, ich tue auch alles, was<br />

du willst!»<br />

Sie sagte nichts. Sie presste ihr Gesicht in die Kissen.<br />

Frederi rauftesich die Haare. Er sah krank aus. Er stand auf und<br />

ging zur Tür.<br />

«Loís», flüsterte Cristino. «Ich will, dass Lo ís kommt.»<br />

«Kommtja gar nicht in Frage», sagte die Dame Castelblanc.<br />

So kam Loís an Cristinos Seite. Er saß auf einem Hocker neben<br />

dem Bett, las ihr vor, Gedichte von Ronsard und Bellay, juristische<br />

Abhandlungen und die Flugblätter <strong>des</strong> Parlaments und was immer<br />

ihm sonst zwischen die Hände kam, und wenn sie nachts schreiend<br />

aus dem Schlaf fuhr, wiegte er sie in seinen Armen wie ein kleines<br />

Kind.<br />

612<br />

***<br />

Am 6 . Juni entschied Frederi, dass er seinen Stiefsohn nicht länger<br />

in Hosen herumlaufen lassen würde, die gerade bis über die Knie<br />

reichten, und schleifte Fabiou zum Schneider. Dort verbrachte Fabiou<br />

einen der langweiligsten Vormittage in seinem Leben, während<br />

zwei Schneidergesellen um ihn herumsprangen, Maß nahmen,<br />

Stoffe anlegten und Bünde absteckten. Als er endlich gegen halb<br />

zwölf der Enge der Schneiderwerkstatt entkam – man versicherte<br />

ihnen, die neuen Gewänder bis zum Ende der Woche zu liefern<br />

– war er von dem dringenden Wunsch erfüllt, an diesem Tag noch<br />

etwas Sinnvolles zu tun. Als der Abend hereinbrach und alle be-

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