04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Die</strong> Carriero de Jouque wandte sich nach links, und nach wenigen<br />

Schritten stand Fabiou auf der Plaço de Sant Sauvaire. Einen Augenblick<br />

lang blieb er stehen, die Arme in die Seiten gestemmt. Zur<br />

Linken klang bereits das Hämmern und Sägen aus dem Portal von<br />

Sant Sauvaire mit seiner Darstellung der Propheten und Apostel<br />

und himmlischen Heerscharen. Geradeaus jenseits <strong>des</strong> Platzes ein<br />

Neubau im italienischen Stil – niemand anders als der Erste Parlamentspräsident,<br />

Jean Maynier d’Oppède, hatte hier seine Bleibe.<br />

Und zur Rechten, majestätisch und erhaben, der Stolz von Ais, das<br />

Symbol von Weisheit, Wissen und Fortschritt – die Universität .<br />

In Ordnung. Wird schon gut gehen.<br />

Fabiou holtetief Luft und schritt auf die Pforte zu.<br />

Es war noch nicht allzu viel los in den Hallen <strong>des</strong> Wissens um<br />

diese Tageszeit – Studenten standen auch nicht gerade im Ruf, ausgemachte<br />

Frühaufsteher zu sein. Nur ein paar Übereifrige, bürgerliche<br />

Stipendiaten größtenteils, die im Gegensatz zu ihren adligen<br />

Kommilitonen ihr Studium als die Chance ihres Lebens begriffen,<br />

liefen bereits mit unter den Arm geklemmten Büchern durch die<br />

hallenden Gänge und verschwanden im Auditorium oder in einem<br />

der Studierzimmer. Fabiou tat so, als gehöre er dazu.<br />

Er wagte es nicht zu fragen, aus Angst, aufzufallen, und so fand<br />

er die Bibliothek erst nach einer guten halben Stunde, am Ende<br />

eines Ganges, von <strong>des</strong>sen Wänden ihm die honorigen Magister der<br />

Alma mater von Ais in Öl entgegensahen. Aus dem Augenwinkel<br />

versuchte er, die Namensschilder unter den Bildern zu entziffern,<br />

aber den Namen Pierre Avingou konnte er nirgends entdecken.<br />

Hinter dem Eingang saß ein griesgrämiger Herr an einem Pult,<br />

wo sich ein Student soeben in einem aufgeschlagenen Buch eintrug.<br />

Der Herr nickte angedeutet, der Student ging weiter, und der<br />

Herr wandte sich Fabiou zu, mit einem Blick, als ob er ihn fressen<br />

wollte.<br />

Bloß nicht einschüchtern lassen. «Guten Morgen», sagte Fabiou<br />

fröhlich und griff nach dem Federkiel. Ein Blick auf das Buch.<br />

Der Student vor ihm hatteseinen Namen und seinen Herkunftsort<br />

eingetragen.<br />

«Was ist denn das für ein Benehmen! Nimmt man heutzutage<br />

nicht mehr den Hut ab, wenn man eine Bibliothek betritt?», blaffte<br />

319

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!