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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Cristino schluckte. Weit, weit in der Ferne meinte sie für einen<br />

Moment noch einen Ruf zu hören, dann war er verklungen, und<br />

nichts blieb zurück als das Rascheln von Gestrüpp und das Knacken<br />

von Holz und die grüne, finstere Stille <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>, der sie umgab.<br />

«Alexandre?» Oh, vergiss die courtoisie! «Catarino?» War es<br />

am Ende doch eine Weggabelung gewesen? «Wartet auf mich!»<br />

Wieder trieb sie ihr Pferd an. Dorrende Blätter knisterten leblos<br />

unter den Hufen, mit hohlem Rascheln antwortete der Wald. <strong>Die</strong><br />

Hitze lag schwer und drückend über dem Weg. Da war sie wieder,<br />

die Coumbo, graue, schreckliche Gestalten, die aus der Düsternis<br />

<strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> stürzten, menschliche Körper, doch die Gesichter von<br />

Wölfen.<br />

Ganz ruhig, Cristino, ganz ruhig, da ist niemand, nur die Schatten<br />

zwischen den Bäumen und das Rascheln, ein paar Tiere, ein<br />

Reh vielleicht, oder,ja, der Wind…Wind, was für ein Wind, es ist<br />

völlig windstill, oh mein Gott…<br />

… keine Wölfe,große, schwarze Ungeheuer mit Augen wie prasselnde<br />

Feuer und Rachen rot wie Blut und Klauen wie geschwungene<br />

Säbel …<br />

Das Pferd raste durch das Unterholz, wimmernd hing Cristino<br />

im Sattel, das Gesicht in die Mähne vergraben, wartend auf die<br />

Pranke, die sie aus dem Sattel riss, die Zähne, die sich in ihr Genick<br />

schlugen, Mama, schluchzte sie, Mama, hilf mir doch. Heilige Maria<br />

Mutter Gottes, warum hilfst du mir nicht, hilf mit doch, bitte!<br />

Das Pferd hielt an. Nicht dass sie an den Zügeln gezogen hatte,<br />

es war wohl einfach erschöpft oder fand die Rennerei schlichtweg<br />

sinnlos. Cristino hob den Kopf. <strong>Die</strong> Bäume waren auseinandergewichen.<br />

Unter ihr befand sich eine unebene und von Unkraut<br />

durchsetzte, aber doch deutlich erkennbare Straße. Sie hätte heulen<br />

können vor Erleichterung. Maria hatte sie gerettet, in der Tat.<br />

Ein Glück, dass sie das Medaillon trug.<br />

Cristino hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, und lenkte ihr<br />

Pferd schließlich auf gut Glück nach links. Irgendwohin würde die<br />

Straße ja führen, wenn nicht zurück zu den Mancoun, so doch zu<br />

einer anderen menschlichen Behausung. Alles war besser, als alleine<br />

in diesem schrecklichen Wald zu sein. Sie dachte an das Märchen<br />

von dem Gehenkten, der nachts durch den Wald strich und<br />

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