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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Es war in den Rundbogen eingemeißelt, an <strong>des</strong>sen Scheitelpunkt,<br />

ein schildförmiges Wappen, das einen Raubvogel mit ausgebreiteten<br />

Schwingen zeigte. Selbst jetzt, unter der feinen Moosschicht,<br />

die es bedeckte, war zu erkennen, wie überaus sorgfältig<br />

und detailliert diese Arbeit angefertigt worden war. Man konnte<br />

den kräftigen, gebogenen Schnabel erkennen, die klauenbesetzten,<br />

vierkralligen Füße, sogar die feine horizontale Maserung, die den<br />

Bauch <strong>des</strong> Tieres bedeckte. Und etwas an diesem Wappen ließ Cristino<br />

im Sattel ihres Reittiers erstarren.<br />

Der Vogel sah sie an. Hell waren die kleinen, klugen Augen auf<br />

sie gerichtet. Da bist du ja, Cristino, sagten sie.<br />

Sie blinzelte. Erst einmal, dann zweimal. Blödsinn. <strong>Die</strong> Hitze,<br />

das Flimmern der Luft spielten ihr einen Streich. Das war nur ein<br />

steinernes Wappen, auf dem ein ebenso steinerner Vogel abgebildet<br />

war. Herr Jesus, was man sich so einbildet! Vermutlich habe ich<br />

einfach einen Sonnenstich!<br />

Tritt ein, Cristino, sagten die Augen.<br />

Und Cristino stieg aus dem Sattel, band ihr Pferd an, und trat<br />

ein.<br />

Sie war nicht überrascht, das Gittertor offen zu finden. Mit<br />

einem Quietschen, das klang wie das Zwitschern eines Vögelchens,<br />

öffnete es sich nach innen und gab den Weg in den Garten frei.<br />

Dunkle Bäume neigten ihre Äste und überschatteten den Pfad.<br />

Einladend funkelten tausend kleine Sonnenflecken auf seinem grünen<br />

Grund. Unter Cristinos Füßen knickten Disteln und Wicken,<br />

während sie langsam vorwärts schritt, unter gutmütigen alten Eichen<br />

und schlummernden Pinien hindurch, vorbei angedrungenen<br />

Oleandern und hochgewachsenen Platanen. Da war ein Murmeln<br />

ringsumher, ein Raunen in den alten Bäumen, willkommen, Cristino,<br />

willkommen. Sacht dehnte sich der Pfad zu ihren Füßen, sie<br />

bemerkte nicht das Unkraut, auf dem sie schritt, es war, als liefe<br />

sie über einen kühlen bekiesten Weg, mit blühenden Büschen und<br />

gepflegten Sträuchern zu beiden Seiten. Ein kleiner Pfad öffnete<br />

sich nach rechts, und ohne nachzudenken folgte Cristino ihm, trat<br />

hinaus in eine Lichtung aus funkelndem Blau und Grün, ein kleiner,<br />

schilfbewachsener Teich, in dem sich der klare Himmel und<br />

die Blätter der Bäume spiegelten. Eine Figur stand in der Mitte <strong>des</strong><br />

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