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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Als Fabiou am nächsten Morgen gegen acht Uhr aus seinem Bett<br />

hüpfte, war das Haus totenstill. <strong>Die</strong> Familie schlief noch, nachdem<br />

es am vergangenen Abend ziemlich spät geworden war, und die<br />

<strong>Die</strong>nerschaft nutzte die Gelegenheit, ebenfalls auszuschlafen, oder<br />

bemühte sich zumin<strong>des</strong>t, leise zu sein, um die Herrschaft nicht in<br />

ihrem Schlummer zu stören. Was Fabiou betraf, so hielt ihn heute<br />

Morgen nichts in seinem Bett. Eine Straße un d knappe hundert<br />

Schritt weiter wartete etwas auf ihn, das eine deutlichgrößere Anziehungskraft<br />

besaß als jede noch so kuschelige Daunendecke.<br />

Fabiou legte an sich nicht allzu viel Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild,<br />

er war noch in jenem Alter, wo man sich wenig um<br />

die holde Weiblichkeit schert und wo Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit<br />

wichtiger sind als Modeerscheinungen. Doch heute morgen<br />

– er verzichtete darauf, einen <strong>Die</strong>ner zu rufen, sondern kram te<br />

statt<strong>des</strong>sen selbst in den Kleidertruhen – schlüpfte er freiwillig in<br />

eine enganliegende blaue Samthose und ein ebenfalls blaues Wams<br />

mit hochgeschlossenem Kragen und drückte sich ein weiches, samtenes<br />

Barett auf seinen roten Wuschelkopf. Wenn er jetzt noch in<br />

die Stiefel schlüpfte, sich um einen aufrechten Gang bemühte und<br />

ein entschlossenes Gesicht machte, konnte man ihn eventuell für<br />

sechzehn halten, und dann bestand die Chance, dass sein V orhaben<br />

erfolgreich wäre. An diesem Morgen bereute er es zum ersten Mal,<br />

dass er keinen Degen sein eigen nannte, damit hätte er dochgleich<br />

noch erwachsener gewirkt.<br />

Es war noch immer unglaublich still im Haus, als er leise die<br />

Treppe hinunterhüpfte. Der Pförtner hing im Halbschlaf auf seinem<br />

Stuhl und beachtete ihn kaum, als er mit der Bemerkung, er<br />

wolle kurz spazieren gehen, zur Tür hinausschlüpfte.<br />

<strong>Die</strong> Sonne beschien die Dachgiebel, als er auf die Carriero de Jouque<br />

hinaustrat. <strong>Die</strong> Stadt war noch kühl und erfüllt von morgendlicher<br />

Geschäftigkeit, Bauern auf dem Weg zum Markt, Händler,<br />

die ihre Ware abluden. Er lief durch die Carriero de Jouque, in der<br />

vergleichsweise wenig los war, aus dem einzigen Grund, dass die<br />

Straße so eng war, dass sie selbst einem schmalen Gespann keinen<br />

Platz bot. In der Tat konnte man an manchen Stellen mit ausgebreiteten<br />

Armen die Hauswände zu beiden Seiten berühren.<br />

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