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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Cristino klammerte sich kreischend an Victors Arm fest. Er stand<br />

da wie gelähmt, das Gesicht gefroren zu einer Maske der Panik,<br />

und da löste sichder Genevois aus der Gruppe und schritt langsam<br />

über den Gang auf sie zu, die Klinge glänzend im Mondlicht, und<br />

die Landsknechte folgten. Victor löste Cristinos Hand von seinem<br />

Arm. Er zog seinen Degen aus der Scheide, ein gleiten<strong>des</strong>, schaben<strong>des</strong><br />

Geräusch. «Lauf, Cristino!», rief er.<br />

Und Cristinolief. Wirbelte um ihre Achse, stürzteden Gang hinunter,den<br />

Gang mit den Marmorplatten, und die marmorne Nymphe<br />

winkte ihr zu, wie die Königin bei einem Turnier dem Ritter<br />

ihrer Gunst zuwinken mag, ebenso hoheitsvoll wie gleichgültig.<br />

Der Genevois machte zwei große Schritte und war bei Victor.<br />

Victor parierte genau zwei Degenhiebe, bis die Waffe wie von<br />

Geisterhand aus seinen Fingern gerissen wurde und gegen die gegenüberliegende<br />

Wand prallte, bevor sie mit einem fürchterlichen<br />

Klirren auf den Boden schepperte. Dann stand er da, sah mit aufeinandergepressten<br />

Zähnen in das Gesicht <strong>des</strong> Genevois, der mit<br />

einem leichten, unbeschwerten Lächeln seinen Degen durch die<br />

Luft schweben ließ, und wartete aufden To<strong>des</strong>stoß.<br />

«Halt», sagte eine Stimme von hinten. «Er nicht. Ihm darf nichts<br />

geschehen.»<br />

«Wie Ihr wünscht», sagte der Genevois, und der Knauf seines<br />

Degens krachte auf Victors Stirn, und der Junge sackte wie vom<br />

Blitz getroffen zu Boden.<br />

«Das Mädchen», sagte die Stimme. «Holt sie. Sie darf nicht<br />

entkommen.»<br />

Weitdehnte sichder Gang in die Dunkelheit. Da war der Innenhof,<br />

einen Moment lang sah sie den Brunnen mit den drei Schalen,<br />

übereinandergetürmt wie die Schichten einer Torte, Wasser<br />

statt Zuckerguss quoll über die Ränder. Sie stolperte, mit einem<br />

hässlichen Geräusch riss der Absatz von ihrem linken Schuh ab,<br />

sie versuchte weiterzulaufen, knickte aber augenblicklich um. Drei<br />

Schritte weithumpelte sie so, bevor sie begriff, dass es aussichtslos<br />

war, sie schlüpfte aus dem Schuh, schleuderte ihn von sich, dann<br />

den zweiten, und sie rannte wieder, kalter Marmor unter ihren<br />

bloßen Füßen, bekannt, dieses Gefühl, bekannt aus einem Traum,<br />

in dem sie eine andere war, ein kleines Mädchen namens Agnes<br />

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