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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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nen vertrauten Umgangston pflegten,diebei Tisch schmatzten wie<br />

die Bauernlümmel und die Hände statt sittsam an Servietten am<br />

Tischtuch oder an ihren Röcken abwischten, und wenn die Dame<br />

Castelblanc auch seit zwei Jahren ihrer Tochter Tag und Nacht die<br />

höfischen Umgangsformen eintrichterte, so hielt sich der Erfolg<br />

doch in Grenzen. Catarinos Französisch war mäßig, ihre Ausdrucksweise<br />

oft genug bäuerlich, und, was das schlimmste war, sie<br />

war in einem Maße vorlaut, das jeden potentiellen Verehrer sofort<br />

mit Grausen erfüllen musste. Nichts von der Zurückhaltung, nichts<br />

von der stillen Bescheidenheit, die eine Dame an den Tag zu legen<br />

hat, die nur redet, wenn sie gefragt ist, in Gegenwart von Herren<br />

bescheiden die Augen niederschlägt und niemals, wirklich niemals<br />

widerspricht. Catarino war der Albtraum jeder Mutter, die auf eine<br />

gute Partie aus war, und sowohlder Cavalié als auchdie Dame Castelblanc<br />

sahen nur noch jenen einen Ausweg, um zu verhindern,<br />

dass ihre älteste Tochter an der Seite eines verkommenen Raubritters<br />

endete: sie der schädlichen Umgebung zu entziehen und in die<br />

Gesellschaft einzuführen, in der Hoffnung, dass das Beispiel der<br />

anderen jungen Damen sich positiv auf ihr Benehmen auswirken<br />

würde.<br />

Aus der Sicht der <strong>Kinder</strong> war Ais dagegen in erster Linie eine<br />

Gelegenheit, Abwechslung vom öden Landleben zu erhalten und<br />

für Fabiou zugleich die Chance zur Horizonterweiterung. Mit Ais<br />

konnten sich viele neue Möglichkeiten auftun. Es war durchaus<br />

denkbar, dass der Besuch in der Stadt die eine oder andere Inspiration<br />

mit sich bringen würde. Möglicherweise würde sich die<br />

Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch mit anderen Poeten bieten.<br />

Möglicherweise würde er dort auf einen Gönner und Förderer<br />

treffen, was er bitter nötig hätte, denn Frederi verstand so viel<br />

von Poesie wie eine Kuh vom Flötespielen. Möglicherweise würde<br />

er eine junge Schöne kennenlernen, die ihm zur Muse gereichte.<br />

Möglicherweise…<br />

Er hätte die Schreibfeder besser vernünftig in der Hand gehalten.<br />

Man spielt nicht mit Schreibwerkzeug, das hatte ihm Bruder<br />

Antonius eingeschärft, sein früherer Hauslehrer, für den Lesen<br />

und Schreiben das achte und neunte Sakrament waren. Zumal die<br />

Feder bereits mehrfach in das Tintenfass eingetaucht und entspre-<br />

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