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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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ingste <strong>Die</strong>ner <strong>des</strong> Haushalts hatte sich anden Festtagen den Bauch<br />

vollschlagen können.<br />

Fabiou kam die Treppe hinunter, als die Mädchen die getäfelte<br />

Holztür zum Speisezimmer öffneten. «Morgen, Loís!», schrie er<br />

dem jungen Pferdeknecht zu, einem kräftigen, stämmigen Burschen<br />

mit dichtem schwarzen Haar und leuchtenden dunklen Augen<br />

in dem breiten Gesicht, und der lachte auf und rief: «Morgen,<br />

Baroun. Na,habt Ihr ausgeschlafen?» Cristinohätte sonst die Nase<br />

gerümpft über den vertraulichen Umgangston, den ihr Bruder mal<br />

wieder mit dem Gesinde pflegte, aber heute hätte sie wohl nicht<br />

mal die Posaune, die zum jüngsten Gericht ruft, aus ihrem Trübsinn<br />

gerissen.<br />

Das Speisezimmer war eine der ansehnlicheren Räumlichkeiten<br />

auf Castelblanc. Frederi der Ältere hatte vor dreißig Jahren einen<br />

unbekannten jungen Maler namens Jehan Cousin dazu gewinnen<br />

können, ihm für dielächerliche Summe von hundert Ecu eine Jagdszene<br />

auf den Putz zu malen. Der junge Maler, den eine Weibergeschichte<br />

in dringende Geldnot gebracht hatte, war nicht in der<br />

Situation gewesen,das Angebot abzulehnen. <strong>Die</strong>ser Umstand hatte<br />

den Castelblancs einen beeindruckenden Wandschmuck beschert,<br />

der umso wertvoller war, als der junge Maler in der Folgezeit relativ<br />

berühmt wurde. Neben dem Salon mit den kunstvoll mit<br />

Tier- und Pflanzenmotiven bestickten Wandteppichen, die Frederis<br />

Großmutter mit in die Ehe gebracht hatte, war das Speisezimmer<br />

somit der einzige Raum, der Besuchern einen Moment <strong>des</strong> Staunens<br />

abzuringen vermochte, und daher Madaleno de Castelblancs<br />

ganzer Stolz. Ein Raum, wie man ihn im Schloss eines Ducsfinden<br />

könnte, nicht wahr, meine Liebe?<br />

Im Augenblick hatte besagtes Zimmer allerdings mehr vom<br />

Jahrmarkt zu Ate als den Gemächern eines Ducs . Das Chaos war<br />

erschlagend. <strong>Die</strong> Dame Castelblanc, in ihrem weiten weinroten<br />

Reisekleid, das erhitzte Gesicht unter einer fingerdicken Puderschicht<br />

verborgen, tänzelte nervös wie eine junge Stute um den<br />

langen Tisch im Speisezimmer, während sie die <strong>Die</strong>nstboten von<br />

einer Ecke <strong>des</strong> Raumes in die nächste scheuchte und ihnen unablässig<br />

einander widersprechende Anweisungen zurief, die diese dennoch<br />

pflichtschuldig zu erfüllen versuchten. Daneben bemühten<br />

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