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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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‹Tötet Gutenberg› stand in roten Lettern dort geschrieben. «Was<br />

habt Ihr denn gegen Gutenberg?», fragte Fabiou frech. «Ohne ihn<br />

müsstet Ihr Euch als Bettler durchschlagen, oder etwa nicht?»<br />

«Pah – vor Gutenberg war das Buchmacherhandwerk noch ein<br />

sicheres Geschäft», behauptete Piqueu, während er seine Gäste<br />

wieder durch die Tür in den Vorraum dirigierte. «Man brauchte<br />

Leder, Pergament, eine Feder und Tinte, und der Broterwerb war<br />

einem sicher. Heute reicht ein verrostetes Rädchen an einer Presse,<br />

und ein Druck von hundert Büchern geht in die Hose. Auftrag verpatzt,<br />

Auftraggeber sauer, Pleite steht ins Haus. Ich sage Euch, als<br />

mein Urgroßvater selig sein Brot mit Bücherschreiben verdiente<br />

– das waren goldene Zeiten!»<br />

<strong>Die</strong> Tür zum Druckraum fiel ins Schloss und verschluckte den<br />

Lärm. Maunzend strich der rote Kater um d ie Türpfosten. «Also,<br />

Senher.» Piqueu lehnte sich gegen einen Tisch und verschränkte<br />

die Arme. «Um was für ein Buch geht es?»<br />

«Thomas Morus, Utopia», antwortete Fabiou. «I n der Ausgabe<br />

von 1542 .»<br />

« 1542 ? Es gibt keine Ausgabe von 1542 . Das Buch ist bei unsdas<br />

letzte Mal 1539 in Druck gegangen», meinte Piqueu bestimmt.<br />

«Ich habe aber ganz sicher eine Ausgabegesehen, die die Jahreszahl<br />

1542 trug!», insistierte Fabiou.<br />

«Dann war es ein Sonderdruck», meinte Piqueu, und erklärend<br />

fügte er hinzu: «Das machen wir manchmal, für zahlungskräftige<br />

Kunden. Wenndie Drucksätze noch existieren und ein Kundeeine<br />

Sonderanfertigung wünscht, bekommt er sie. Preis etwa das Zehnfache<br />

<strong>des</strong>Seriendrucks.»<br />

Sonderdruck. Ja, genau so hat das Buch ausgesehen. Aber wer<br />

schenkt ein Buch dieser Preislage der Universität?<br />

«Gibt es eine Möglichkeit festzustellen, wer 1542 einen Sonderdruck<br />

von Utopia in Auftraggab?», fragte Fabiou nachdenklich.<br />

«Gäbees natürlich schon. Bloß…»<br />

«Bloß was?»<br />

«Könnt Ihr mir irgendeinen Grund nennen, warum ich das für<br />

Euch tun sollte?», fragte Piqueu spöttisch. «Ich weiß ja nicht mal,<br />

aus welchem Grund Ihrdies wissen wollt. Am Ende handeltessich<br />

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