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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Wie unästhetisch.» Der Franzose schüttelte den Kopf. «Und,<br />

wem verdanktdie Weltdiese Untat?»<br />

«Das, Monsieur», meinte der Hellhaarige mit einem Lächeln,<br />

«würde mich allerdings auch interessieren.»<br />

Der Franzose seufzte und spielte mit seinem Messer. «<strong>Die</strong> Welt<br />

ist einfach schlecht, Monsieur», sagte er. «Schlecht – und unheimlichgefährlich.»<br />

Der Hellhaarige riss seinen Teller in die Höhe, keinen Augenblick<br />

zu spät, denn in diesem Moment schoss das Messer <strong>des</strong> anderen<br />

durch die Luftund blieb zitternd im Holz<strong>des</strong> Tellers stecken. Er<br />

setzte ihn ab und legte den Käse wieder darauf. Das Messer stand<br />

auf dem Teller wie ein einsamer Wachturm. Der Franzose seufzte<br />

wieder. «Ingelfinger, du lässt nach», sagte er kopfschüttelnd. «Vor<br />

zehn Jahren hättest du das Messer nochgefangen.»<br />

«Man wird alt», sagte der andere mit hochgezogenen Augenbrauen.<br />

«Aber das mit dem Akzent, das ist eine böswillige Unterstellung.»<br />

Er zog das Messer aus dem Holz und begann, den Käse<br />

zu zerteilen und das Brot damit zu belegen. «Es erstaunt mich, dir<br />

hier zu begegnen. Ich dachte, du sitzt inzwischen bequem an irgendeinem<br />

Schreibtisch in Paris und lässt andere die Kastanien aus<br />

dem Feuer holen.»<br />

«Normalerweise tue ich das auch», entgegnete der Franzose.<br />

«Aber die Sache schien doch eine gewisse politische Brisanz zu besitzen<br />

– und hatte zudem noch einen persönlichen Reiz, muss ich<br />

zugeben.»<br />

«Aha… du bist also auch wegen Trostett hier.» Der Hellhaarige<br />

grinste.<br />

«Wenn ich gewusst hätte, dass der Gute sich inzwischen zu den<br />

himmlischen Heerscharen versammelt hat, hätte ich mir den weiten<br />

Weg hierher gespart – komm, gib mir das Messer wieder, das<br />

brauche ich noch.» Der Franzose machte ein etwas finsteres Gesicht.<br />

«Und was ist mitdir? Dich hier zu treffen hatte ich auch nicht<br />

gerade vermutet.»<br />

«Oh», der Hellhaarige biss herzhaft in das Käsebrot, «ich war<br />

– rein zufällig natürlich – in Lyon, als mich die Nachricht von<br />

Trostetts unvermitteltem Ableben erreichte, und hielt es für meine<br />

Pflicht, der Sache nachzugehen. Schließlich gehören wir zum<br />

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