04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

«Danke, nein», sagte der andere. «Ich brauche einen klaren Kopf,<br />

denke ich.»<br />

Maynier schenkte sich selber ein und nahm einen tiefen Schluck.<br />

«Sehrgut. Aus den Weinkellern von Tour d’Aigue. Ich kaufe immer<br />

diesen Wein, er ist der beste.» Er lehnte sich gegen den Tisch und<br />

betrachtete sein Gegenüber mit einem nachdenklichen Lächeln.<br />

«Wie schnell könnt Ihr den Genevoiserreichen?»<br />

«Er ist nicht weit», antwortete der andere.<br />

«Ah. Das ist gut.» Maynier nippte erneut an seinem Glas. «Der<br />

Junge wird bleiben. Er weiß, er hat keine Chance, Aix rechtzeitig<br />

zu erreichen, um Hilfe zu holen, also wird er hierbleiben und sich<br />

bis zum letzten Moment einreden, er könne seinen Freund, den<br />

Pferdeknecht, doch noch vor dem Schafott bewahren. Es ist unglaublich,<br />

was Menschen sich alles einreden können in dem V er -<br />

such, eine unabstreitbare Tatsache zu verleugnen.»<br />

Er trat zur Seite, auf das Fenster zu. Sein Kopf war eine schwarze<br />

Silhouette vor einem blutroten Himmel. «Aber wenn der Kerl tot<br />

ist, wird er heimreiten. Mutterseelenallein auf der Straße nach Pertus.<br />

Das ist eine einmalige Gelegenheit, das müsst Ihr zugeben.»<br />

Der andere nickte langsam. «Ich mache mich sofort auf den<br />

Weg», meinte er.<br />

Maynier lächelte. «Tut das», sagte er, «tut das. Es ist schließlich<br />

in Eurem höchsteigenen Interesse.»<br />

***<br />

Frederi Jùli erreichte das Waldstück mit dem Einbruch der<br />

Dunkelheit.<br />

Gute zehn Minuten stand er vor der ersten Baumreihe wie vor<br />

einer Tür, die ins Ungewisse führt, hörte den Herzschlag in seinem<br />

Brustkorb rasen und das erschöpfte Schnauben <strong>des</strong> verletzten<br />

Pfer<strong>des</strong> an seiner Seite und knetete die Zügel zwischen seinen zitternden<br />

Händen.<br />

In Ordnung, er war ein Held. Aber auch von Helden konnte man<br />

doch wohl kaum verlangen, bei völliger Dunkelheit in einen Wald<br />

hineinzulaufen, der höchst wahrscheinlich voller Räuber, Wölfe<br />

783

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!