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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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kreisenden Lichtwesen an den Wänden taten ein Übriges, um die<br />

Tanzenden in kürzester Zeit ihren Realitätssinn völlig verlieren<br />

zu lassen. Schon nach kürzester Zeit vergaß Cristino das Drücken<br />

ihres Korsetts, vergaß die offensichtliche Unschicklichkeit dieses<br />

Tanzes, sie ließ sich von Alexandre de Mergoult durch die Luft<br />

wirbeln, bis sie jede Orientierung verloren hatte, bis sie zu fliegen<br />

glaubte wie ein Vogel im Wind. Cristino tanzte, wie sie noch nie<br />

getanzt hatte, als habe sie ein Leben lang nichts anderes getan, als<br />

sei sie vom Anbeginn der Zeit so durch das Blitzen von spiegelndem<br />

Glas geschwebt, an Alexandre de Mergoults Seite, gehalten<br />

von seinem starken, warmen Arm.<br />

Was Fabiou betraf, so war er nicht ganz so geneigt, sich im<br />

Rausch dieser Nacht zu verlieren. Um es genau zu sagen, hatte er<br />

sich in eine unbeobachtete Ecke zurückgezogen, möglichst nahe<br />

am Buffet und möglichst weit entfernt von Jean de Mergoult und<br />

seinen Kumpanen, die glücklicherweise bislang so sehr mit der holden<br />

Weiblichkeit beschäftigt gewesen waren, dass sie seine Anwesenheit<br />

glatt übersehen hatten. Dort stand er, einsam und etwas<br />

deplatziert, nachdem Sébastien sich Claudia de Buous geschnappt<br />

hatte und mit ihr nun über die Tanzfläche schwebte. Er war gelangweilt<br />

und genervt und auch ziemlich beunruhigt, sich im Haus<br />

der Familie Mergoult zu befinden, und so sehr er sich gegen dieses<br />

Gefühl zu wehren versuchte, die wirbelnden Farben an den Wänden<br />

und der Takt der Musik zogen auch ihn in den Bann, und auf<br />

einmal verspürte er Neid auf all die anderen, die teilhaben konnten,<br />

die dazugehörten, die nicht ausgeschlossen und an den Rand<br />

gedrängt waren wie er. Er versuchte sich abzulenken, indem er die<br />

Pläne zu seiner Ballade ausbaute. Er war noch nicht viel weiter,<br />

noch immer fehlte der jugendliche Held; er ließ seinen Blick durch<br />

den Raum schweifen und überlegte hin und her zwischen den Gebrüdern<br />

Buous und Sébastien de Trévigny und …<br />

«Ja, salut, Victor! Auch allein?»<br />

Der Angesprochene drehte sich um, momentan in seiner Artikulationsfähigkeit<br />

eingeschränkt durch das Cremetörtchen, in das<br />

sich seine Zähne gegraben hatten. «Schalut Faiou, wasch maschu<br />

hier?»<br />

«Mich anöden, und du?»<br />

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