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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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iger Blitz in einem Kleid aus dunklem Samt, riss die Kleine in<br />

ihre Arme und rannte auf die Pferde zu. Nehmt Agnes, hörte er sie<br />

schreien, ich muss zu Daniel! Es interessierte ihn nicht weiter. <strong>Die</strong><br />

Mädchen waren unwichtig. Auf ihn wartete eine wichtigere Beute.<br />

Auf ihn wartete Hector Degrelho.<br />

Und dann kam die Niederlage.<br />

Im ersten Moment hatte es ihngefreut, dass sein Opfer ein ebenbürtiger<br />

Gegner war, ein stolzer Hirsch, mutig, schnell und kühn,<br />

kein wehrloser Hase, den ein Knabe in einer Schlinge fängt. Als<br />

wahrer Jäger liebte er es, wenn die Beute ihm einen Kampf lieferte,<br />

statt sich wehrlos abschlachten zu lassen. Dass er in diesem Kampf<br />

Sieger bleiben würde, daran hatte er nicht gezweifelt, niemand war<br />

in der Lage, ihm standzuhalten.<br />

Doch dieses Mal war es anders. Der Kampf dauerte keine zwei<br />

Minuten. Dann hatte Hector Degrelho ihm den Degen aus der Hand<br />

geschlagen und ihm eine Wunde am Oberschenkel zugefügt, die<br />

ihn auf dem Waldboden zusammenbrechen ließ. Nie zuvor hatteer<br />

sich so erniedrigt gefühlt wie in diesem Moment, als er keuchend<br />

auf der feuchten Erde lag und seine vermeintliche Beute auf ihn<br />

herabsah. Hector Degrelho schenkte ihm ein seltsames,grimmiges<br />

Lächeln, tippte sich in einer Art Salut gegen die Hutkrempe und<br />

stürzte sich in seinen letzten Kampf.<br />

Unter anderen Umständen hätte er es genossen, den Kampf, der<br />

nun folgte, zu beobachten. Der Hirsch kämpfte mit dem Mut und<br />

der Schönheit, die nur der Todgeweihte besitzt. Da waren zehn<br />

Männer, die ihn gleichzeitig angriffen, und doch war keine Angst<br />

in seinen Augen, obwohl er wissen musste, dass seine Stunde gekommen<br />

war. Und es ging lange, länger als erwartet, er blutete aus<br />

unzähligen Wunden, doch seine Kräfte ließen nicht nach, wieder<br />

und wieder wehrte er ihre Schläge ab, die wie ein Hagelschauer auf<br />

ihn niedergingen.<br />

Letztlich waren es die Frau und der Junge, die den Hirsch zu<br />

Fall brachten. <strong>Die</strong> Frau hatte einem gestürzten Kriegsknecht die<br />

Waffe entrissen und rannte im Zickzackkurs über die Lichtung auf<br />

das Unterholz zu, den Jungen am Arm hinter sich herziehend. <strong>Die</strong><br />

Bäume waren schon nahe, als der Waffenknecht ihnen entgegentrat,<br />

breit wie ein Bär und hässlich wie ein Dämon, das blitzende<br />

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