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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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und einem Kreuz als einzigen Schmuck an der Wand, dann kommt<br />

euch das hier wie ein Palast vor!»<br />

<strong>Die</strong> beiden Mädchen sahen sich betroffen an. Nonne sein war ein<br />

hartes Los, sie hatten es ja geahnt. Arme Tante Beatrix.<br />

Das brachte sie auf die alte Frage zurück. «Tante Beatrix», begann<br />

Cristino verlegen.<br />

«Ja?»<br />

«Warum seid Ihr ins Kloster gegangen? War das der Wunsch<br />

Eurer Eltern?»<br />

Sie befürchtete, Tante Beatrix würde diese Frage entrüstet zurückweisen,<br />

doch zu ihrer Überraschung lachte die nur. «Immer<br />

dasgleiche im Hause Auban. Meine Mutter wurde gezwungen, einen<br />

Bürgerlichen zu heiraten, ich wurde gezwungen, ins Kloster<br />

zu gehen. – Oh nein, mein Kind. Ich bin voll und ganz aus freien<br />

Stücken Benediktinerin geworden.»<br />

Cristino und Catarino sahen sich an. Wahrer Glaube, sagte Cristinos<br />

Blick, unglückliche Liebe der Catarinos.<br />

«Dann seid Ihr also wirklich aus Frömmigkeit ins Kloster eingetreten»,<br />

sagte Cristino beeindruckt. «Und habt alles geopfert, Euer<br />

ganzes Leben, um Gott zu dienen.» Sie seufzte tief.<br />

«Blödsinn», sagte Tante Beatrix unwirsch.<br />

Das war nicht gerade die Antwort, die Cristino erwartet hatte.<br />

Sie warf ihrer Tanteeinen erstaunten Blick zu.<br />

«Ich bin fromm, natürlich», erklärte Beatrix. «Aber sicher nicht<br />

frommer als die meisten Frauen, sicher nicht frommer als eure<br />

Mutter und ganz bestimmt nicht frommer als Frederi.»<br />

«Das verstehe ich nicht!» Catarino hatte die Stirn gerunzelt. «Und<br />

trotzdem habt Ihr all das aufgegeben, um Nonne zu werden?»<br />

«All das? Was denn?» Ihre Tante lachte.<br />

«Na – alles eben. Euer Leben als Frau. Luxus. Feste. Ihr hättet<br />

einen reichen Mann heiraten und ein glückliches Leben führen<br />

können, und statt<strong>des</strong>sen lebt Ihr in einer kahlen Zelle.»<br />

«Mein Leben als Frau!» Tante Beatrix’ Stimme war beißend vor<br />

Ironie. «Kannst du mir verraten, was am Leben einer Frau so schön<br />

sein soll, dass man ihm nachtrauern müsste? Heiraten? Einen<br />

Mann, den ich nicht liebe, den die Eltern seines Gel<strong>des</strong> oder seiner<br />

gesellschaftlichen Stellung wegen aussuchen, dem ich gehorchen<br />

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