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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Fabiou grinste frech. «Oh, Mutter ist der Meinung, dass es<br />

höchste Zeit ist, meine Schwestern an den Mann zu bringen, und<br />

so konnten wir sie überreden, endlich mal einen Sommer in Ais zu<br />

verbringen», erklärte er trocken. <strong>Die</strong> Mädchen kicherten wieder.<br />

«Und was machen die Studien?», fragte Antonius lächelnd –<br />

schließlich war er ihr Lehrer gewesen über fünf lange Jahre. Frederi<br />

hatte lange überlegt, ob er Fabiou in eine Klosterschule schicken<br />

sollte, wie er sie selber als Kindbesucht hatte,doch schließlich war<br />

er von dieser Idee abgekommen und hatte statt<strong>des</strong>sen beim Augustinerkonvent<br />

in Ais wegen eines Hauslehrers angefragt. Der Abt<br />

hatte ihm geantwortet, dass er leider keine seiner erfahrenen Lehrkräfte<br />

entbehren könne – schon gar nicht zu dem Preis,den Frederi<br />

ihm bot –, aber es gebe da einen sehr talentierten jungen Frater, den<br />

er ihm empfehlen und zudem auch gerne als Lehrer zur Verfügung<br />

stellen würde. Frederi betrachtete dasblasse,dünne Jüngelchen, das<br />

da eines Novembermorgens in einer abgetragenen Kutte über seinen<br />

Hof geschlurft kam, zunächst mit gehörigem Misstrauen. Zu<br />

Unrecht, wie sich bald herausstellte. Der magere junge Mönch mit<br />

den für seine Jugend so unpassenden grauen Strähnen im Haarkranz<br />

erwies sich als kleines Genie,das acht Sprachen beherrschte,<br />

die Bibel ebenso auswendig konnte wie die Schriften Platons, sich<br />

auf Logik, Dialektik und Philosophie gleichermaßen verstand wie<br />

auf Mathematik, Medizin und Rechtslehre und zudem eine Gabe<br />

hatte, mit <strong>Kinder</strong>n umzugehen. Fortan verbrachte Bruder Antonius<br />

neun Monate im Jahr in Castelblanc und nur noch drei in seinem<br />

Kloster in Ais. Bruder Antonius’ Jugendhatte zwar zur Folge,<br />

dass sein Verhältnis zu Fabiou wenig von einer respektvollen Lehrer-Schüler-Beziehung<br />

hatte und eher freundschaftlich war, doch<br />

gerade dasführtedazu,dass dieser seine Studien mit einer Begeisterung<br />

betrieb, diekeiner erwartethätte. Frederi,der der Meinung<br />

war, auch den Mädchen könne etwas Latein und Griechisch nicht<br />

schaden, ließ dieselben am Unterricht teilnehmen, den zumin<strong>des</strong>t<br />

Cristino mit dem gleichen Eifer verfolgte wie Fabiou. <strong>Die</strong> <strong>Kinder</strong><br />

waren sehr betrübt gewesen, als Frederi vor zwei Jahren befunden<br />

hatte, sein Stiefsohn habe genug gelernt, und Antonius nach dem<br />

Sommerfür immer nach Ais zurückkehrte.<br />

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