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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Cristino schüttelte den Kopf und spürte, dass sie rot wurde, ohne<br />

recht zu wissen, warum.<br />

«Da kommen die Musikanten!», jauchzte Catarino.<br />

In der Tat. Es waren fünf an der Zahl, alle in Rot gekleidet, bewaffnet<br />

mit Gamben, Flöten, Zinken und Cornetten. <strong>Die</strong> Herrin<br />

<strong>des</strong> Hauses scheuchte sie eilig in eine Ecke, wies die <strong>Die</strong>ner an,<br />

sie mit Wein und Brathuhn zu versorgen, und orderte gleich eine<br />

Sonette von Petrarca als Eröffnungsstück. Der Sänger der Gruppe<br />

stellte sich in Positur, die Gambe zupfte los, holprig fiel ein<br />

Tambourin ein, während der mit der Cornette noch an seinem Instrument<br />

herumschraubte und der Flöter sich ein Bier holen ging.<br />

Den Sänger störte die reduzierte Besetzung nur wenig, aus vollem<br />

Halse schmetterte er Zeile für Zeile, während die Dame Ardoche<br />

strahlend vor der Gruppe stand und beifallheischende Blicke in<br />

Richtung ihrer Gäste schickte. <strong>Die</strong> Begeisterung der Anwesenden<br />

hielt sich jedoch in Grenzen, obwohl das Tambourin tatsächlich<br />

noch bis zur Coda in den Rhythmus fand und die Gambe ein paar<br />

richtige Akkorde traf, lediglich diegnadenlosen Petrarca-Fanatiker<br />

– zumeist weiblich und zwischen vierzig und fünfzig – seufzten<br />

verzückt. Wie kann man Petrarca nur so verunstalten, murmelte<br />

Fabiou, und immer diese altmodische Musik, stöhnte Catarino,<br />

warum können die nicht mal etwas Vernünftiges spielen?<br />

Was Fabiou betraf, so hielt er sich tunlichst im Hintergrund,<br />

um eventuellen Avancen der anwesenden Damenschaft zu entgehen.<br />

Umso mehr, nachdem ihm Alexandre de Mergoult unter<br />

den Festteilnehmern aufgefallen war. Aller Voraussicht nach war<br />

<strong>des</strong>sen jüngerer Bruder Jean de Mergoult nicht weit, und Fabiou,<br />

der nicht im Entferntesten an einem Wiedersehen mit Letzterem<br />

interessiert war, zog sich vorsichtshalber in die hinterste Ecke <strong>des</strong><br />

Saales zurück, wo ein paar Herren mittleren Alters in bequemen<br />

samtüberzogenen Sesseln saßen und aus kleinen dunklen Gläsern<br />

Branntwein tranken. Er setzte sich auf einen Fenstervorsprung,<br />

leidlich verborgen durch einen purpurfarbenen Samtvorhang, und<br />

blickte auf die abendliche Straße hinab, von der sich in diesem Moment<br />

die letzten Strahlen der untergehenden Sonne verabschiedeten.<br />

Noch bestand das Treiben dort unten aus Pferden und Eseln<br />

und Menschen in braunen und schwarzen Gewändern, doch schon<br />

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