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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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umarmte sogar den räudigen Kater, der diese überraschende Liebesbekundung<br />

mit einem ärgerlichen Fauchen quittierte. Dann zog<br />

er los.<br />

Er verteilte einen Stapel Flugblätter in der Universität, indem<br />

er sie verstohlen an möglichst gut sichtbare Stellen legte – auf<br />

den Sockel der Treppe, auf die Steinbank am Hauptportal, auf den<br />

Fenstersims vor dem Eingang zur Bibliothek. Einige weitere Stapel<br />

platzierte er auf Gesimsen und Brunnenmauern an den belebtesten<br />

Plätzen der Stadt. Dann packte ihn endgültig der Wagemut,<br />

und er hinterließ die verbliebenen Zettel auf einem Tisch im Eingangsbereich<strong>des</strong><br />

Parlaments. Er war sich nicht wirklich sicher, dass<br />

sein Tun niemandem aufgefallen war. Dennoch, an diesem Abend<br />

konnte nichts die triumphale Begeisterung aus seinem Innern<br />

vertreiben, weder der Gedanke an Maynier noch der an mögliche<br />

Mordgesellen, die man ihm aufden Hals hetzen mochte. Den Weg<br />

durch die Carriero Drecho und über die Plaço de Sant Sauvaire<br />

tanzte er mehr, als dass er ihn lief, und den vorbeiwandelnden Paaren<br />

schwenkte er lachend seine Mütze entgegen. So kam er in der<br />

Carrierode Jouque an.<br />

Und erfuhr, dass Jean Maynier d’Oppède, Erster Präsident <strong>des</strong><br />

Parlaments von Ais, an diesem Morgen verstorben war.<br />

***<br />

Es gab viele Theorien zu Jean Mayniers Tod. <strong>Die</strong> harmlose war,<br />

dass die Harnwegsentzündung, an der er erkrankt war, zu einer<br />

Vergiftung <strong>des</strong> Blutes mit gelber oder eventuell auch schwarzer<br />

Galle geführt habe. Dem entgegen stand die Erklärung eines der<br />

Ärzte, die Maynier nach seinem Tod untersucht hatten, welcher<br />

Anzeichen einer Arsenik-Vergiftung festgestellt zu haben glaubte.<br />

<strong>Die</strong> Gerüchte waren mannigfaltig. Das, welches den Leuten am<br />

besten zu gefallen schien – vermutlich, weil es so herrlich gruselig<br />

klang –, war, dass einer der Ärzte, die Maynier aufgrund seines<br />

Harnleidens konsultiert hatte, Protestant gewesen sei und ihm aus<br />

Rache für seine harten Urteile gegen die Protestanten einen vergifteten<br />

Katheter eingeführt habe. Es gab aber auch andere Theorien.<br />

<strong>Die</strong> Tour d’Aiguehabe ihn aufgrund <strong>des</strong> durch ihn erlittenen Scha-<br />

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