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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Es wurden öde Tage in Castelblanc. Ohne Fabiou, ohne Catarino,<br />

ohne Frederi und ohne Loís war das Haus wie verwaist. <strong>Die</strong> Einzige,<br />

die Leben in die Wände brachte, war Maria Anno, die gerade<br />

in die tieferen Geheimnisse <strong>des</strong> aufrechten Gangs eindrang und mit<br />

schrillen Juchzern durch die Korridore wackelte. Selbst Frederi Jùli<br />

verhielt sich eher still; er war noch immer durch den Blutverlust<br />

geschwächt, und seine Aktivitäten beschränkten s ich momentan<br />

noch auf so erstaunlich ruhige Spiele wie Mühle und Murmeln.<br />

<strong>Die</strong> Dame Castelblanc unternahm einen ihrer üblichen überaktiven<br />

Versuche, das Haus, Cristino und nicht zul etzt sich selbst aus<br />

dem Trübsinn zu reißen, indem sie Einladungen an alle daheimgebliebenen<br />

oder bereits zurückgekehrten Adelsfamilien der Umgebung<br />

schickte, in der Hoffnung, dass Cristino schon aufblühen<br />

würde, wenn einige galante junge Herren ihr den Hof machten.<br />

Sie tat dies nicht ohne Hintergedanken. Cristinos wahre Identität<br />

sprach sich zunehmend herum, und es war klar, dass dieser Umstand<br />

für sie einen deutlichen Nachteil auf dem Heiratsmarkt bedeutete;<br />

welcher Mann wollte schon eine Frau mit einer derart geheimnisvollen<br />

Lebensgeschichte. Dazu kam, dass es grundsätzlich<br />

einen Makel darstellte, wenn ein Mädchen aus ihrer ersten saison<br />

hervorging, ohne wenigstens ein ernsthaftes Angebot erhalten zu<br />

haben. Noch besaß Cristino den Vorteil ihrer Jugend und einer gewissen<br />

Schönheit, und Madaleno de Castelblanc war klar, dass sie<br />

schnell handeln musste, wollte sie ihrer Ziehtochter noch eine wenigstens<br />

halbwegs akzeptable Partie sichern.<br />

Sowohl Cristino als auch die jungen Herren, die Castelblanc in<br />

diesem August besuchten, wussten um den Zweck dieses Arrangements,<br />

und Cristino, der der Ernst der Lage durchaus bewusst<br />

war, spielte brav ihre Rolle als ebenso keusches wie aufreizen<strong>des</strong><br />

Mädchen, von dem die jungen Herren zu Recht bezaubert waren.<br />

Doch von dem Vergnügen, mit dem sie zu Beginn der saison die<br />

Schmeicheleien der Galane genossen hatte, war nichts mehr übriggeblieben.<br />

<strong>Die</strong> courtoisie war zu einer Pflicht geworden, die sie<br />

erfüllte, wie es sich gehörte, ohne daran aber noch den geringsten<br />

Spaß zu haben.<br />

Sie vermisste Loís. Sie vermisste Louise. Und ganz besonders<br />

vermisstesie Catarino.<br />

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