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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«… et in unum dominum Jesum Christum, filium dei unigenitum,<br />

qui ex patre natum ante omnia saecula…»<br />

Lautlos bewegten sich neben ihr die Lippen der Großmutter.<br />

Auch sie konnte Latein, doppelt so gut wie Cristino vermutlich,<br />

schließlich stammte sie aus einer Generation, in der es modern gewesen<br />

war, Latein zu sprechen, und in der die Jugend einst ebenso<br />

eifrig mit lateinischen Brocken um sich geworfen hatte, wie man<br />

es heutzutage mit französischen tat, eine Angewohnheit, von der<br />

sich Großmutter bis zum heutigen Tag nicht hatte verabschieden<br />

können.<br />

«… deum de deo, lumen de lumine, deum verum de deo vero,<br />

genitum non factum, per quem omnia facta sunt…»<br />

Cristino wandte ihren Blick nach vorne, zum Pater,der die Messe<br />

las, einer der niederen Priester von Sant Sauvaire, der Kathedrale<br />

von Ais, versuchte sich auf seine Worte, seine Stimme, seinen eindringlichen<br />

Blick zu konzentrieren. Es wäre durchaus auch eine<br />

Idee, Gott dafür zu danken, dass er uns trotz aller Gefahren sicher<br />

nach Ais gebracht hat, hatte Frederi gesagt, und bei Gott, er hatte<br />

recht, wie oft waren sie aufdieser Fahrt nur knapp dem Tod entronnen,<br />

die Entführung, und dann die Sache mit dem erschlagenen<br />

Kaufmann – Fabiouhatte gesagt,die Mörder seien wohl noch ganz<br />

in der Nähe gewesen, was, wenn sie zurückgekommen wären? Und<br />

schließlich hatte sie ja auch für den toten Kaufmann beten wollen,<br />

der sie mit so wachen Augen angesehen hatte.<br />

«… qui propter nos homines et nostram salutem <strong>des</strong>cendit de<br />

coelis. Et incarnatus est per spiritum sanctum dominum ex Mariae<br />

virginae et homo factus est …»<br />

Oma Felicitas war etwas Besonderes. Es war nicht nur die Tatsache,dass<br />

sie für eine Frau eine erstaunliche Bildung besaß. Sie war<br />

die älteste von drei Schwestern, und ihr Vater hatte die Tatsache,<br />

dass Gott ihm einen Sohn verwehrt hatte, offenbar dadurch ausgeglichen,<br />

dass er seinen Töchtern eine Erziehung angedeihen ließ,<br />

die ansonsten Knaben vorbehalten war. Es gab ein Jugendbildnis<br />

von Oma Felicitas, wie sie im Männersitz auf einem Rappen saß<br />

und einen Falken aufder behandschuhten Rechten balancierte, und<br />

in ihrem salon hing ein Degen an der Wand, von dem sie allen<br />

Ernstes behauptete, er gehöre ihr und in ihrer Jugend habe sie da-<br />

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