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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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der Mann. Fabiou zog hastig das Barett von seinem Kopf. Er zögerte<br />

einen Moment, bevor er die Feder ins Tintenfass tauchte. Er war<br />

noch nicht allzu oft in der Situation gewesen, seinen Namen in ein<br />

offizielles Dokument eintragen zu müssen, und er war sich ziemlich<br />

im Unklaren darüber, wie er es mit der Orthographie zu halten<br />

hatte. Sollte er sich «Beaufort» schreiben, wie es die Fr anzosen<br />

zweifelsohne getan hätten? Oder lieber «Bèufort», wie es auf dem<br />

Grabstein seines Vaters stand? Überhaupt – war «Fabiou» eigentlich<br />

ein Vorname, den man in das Register einer Universitätsbibliothek<br />

eintragen konnte? Klang das nicht sehr hinterwäldlerisch?<br />

Sollte er nicht besser die französische Form wählen, «Fabien» also?<br />

Oder gar die lateinische, «Fabius»? Und was sollte er als seinen<br />

Herkunftsort eintragen? Ais, wo er geboren war? Castelblanc?<br />

Ein ungeduldiges Räuspern <strong>des</strong> Bibliothekars zeigte ihm, dass dies<br />

nicht die Zeit und der Ort für Grundsatzüberlegungen war, und<br />

so kritzelteer schließlich kurz entschlossen Fabiou Kermanachde<br />

Bèufort, Aix in das aufgeschlagene Buch. «Entschuldigt», fragte er<br />

dann, bemüht um einen selbstsicheren Ton, «wo finde ich die Annalen<br />

von Galaud?»<br />

Der Herr hatte sich bereits wieder den Unterlagen auf seinem<br />

Tisch zugewandt. «Letztes Regal links», grunzte er kaum<br />

verständlich.<br />

«Ah. Danke.» Fabiou tat es dem Studenten nach, schritt an dem<br />

Pult vorbei und betrat die Bibliothek.<br />

Er war nie zuvor in einer Bibliothek dieser Größenordnung gewesen.<br />

Davon gehört hatte er natürlich, von endlosen Bücherregalen,<br />

geordnet nach einem ausgeklügelten Prinzip, das zu beherzigen<br />

so unabdingbar war, dass ein Buch, nur einen Schritt zu weit<br />

links oder rechts ins Regal gestellt, ein Menschenalter lang nicht<br />

mehr gefunden wurde. Jetzt war er fast etwas enttäuscht. Bücher,<br />

natürlich, massenhaft Bücher, Bücher wohin man sah, in Regalen<br />

aufgestellt und auf den Tischen gestapelt, an denen die wenigen<br />

arbeitsamen Studenten saßen, nicht weniger, aber auch nicht mehr.<br />

Der Raum hatte nichts von der geheimnisvollen Aura unermesslichen<br />

Wissens, die er mit dem Wort Bibliothek stets verbunden<br />

hatte. Er roch nach Leder, Staub und Fleißarbeit.<br />

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