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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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14. April, seit drei Tagen war sie ans Bett gefesselt, verlangte sie<br />

nach einem Priester, um ihren Frieden mit Gott zu machen und die<br />

Absolution ihrer Sünden zu erhalten. Noch heute bewegt mich die<br />

Frage, ob sie dem jungen Priester, der anjenem Morgen zu ihr kam,<br />

die übliche, überarbeitete Version ihrer Lebensgeschichte vortrug,<br />

ungeachtet der Tatsache, dass sie bald einem gegenübertreten würde,<br />

vor dem es keine Beschönigungen und keine Ausflüchte gab,<br />

oder ob sie ihm tatsächlich die ganze Wahrheit erzählte und den<br />

armen Jungen somit zum Mitwisser der ganzen Geschichte machte.<br />

Ich wünsche ihm, dass sie ihrer selbst treu blieb und sich für<br />

ersteres entschied. Ich weiß selbst am besten, was es bedeutet, mit<br />

der Wahrheit zu leben.<br />

Mutter starb in derselben Nacht, in Frederis Armen.<br />

Ich war in Arles, als mich die Nachricht von Mutters Krankheit<br />

erreichte. Unsere Zeit war knapp bemessen damals, denn das kriegsgeplagte<br />

Volk gierte nach Aufheiterung, die Proben zum neuesten<br />

Stück meines Schwagers waren in vollem Gange, und Reisen war<br />

in jenen unsicheren Zeiten gefährlicher denn je. Dennoch brachen<br />

wir auf Richtung Lubéron, meine Schwester, ihre Familie und ich,<br />

begleitet von einigen Leuten der Truppe, der Sicherheit wegen.<br />

Wir erreichten Castelblancgerade noch rechtzeitig zur Beerdigung.<br />

<strong>Die</strong> Jahre und die Zeiten hatten uns älter, erfahrener und, wer<br />

weiß, auch weiser gemacht, aber Castelblanc hatten sie nicht verändert.<br />

Vielleicht waren die Bäume am Rand <strong>des</strong> Hofes etwas höher,<br />

vielleicht hatte der Bach, der die westliche Grenze der Domäne<br />

bildete, seinen Lauf etwas verändert, doch ansonsten war es noch<br />

immer das klobige Steingebäude inmitten von Obst- und Gemüsegärten,<br />

umwoben von dem ewigen Rätsel, wer auf den Gedanken<br />

verfallen war, jenem Haufen schmutziggrauer Steine den Namen<br />

Castelblanc zu geben.<br />

<strong>Die</strong> nächste Kirchstatt ist in Oppède gelegen, und dort war es,<br />

dass Madaleno de Castelblanc, geborene Auban, verwitwete Bèufort,<br />

am Morgen <strong>des</strong> 22. April zu Grabe getragen wurde. <strong>Die</strong> Beerdigung<br />

war ein gesellschaftliches Ereignis. Aus dem halben Lubéron<br />

kamen die Kutschen vorgefahren, lieferten all die Seigneurs,<br />

Chevaliers, Barons und deren mitfühlende Gattinnen vor dem<br />

schmiedeeisernen Tor <strong>des</strong> Kirchhofs ab, von wo aus sie in einer<br />

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