04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Er blieb stehen, um festzustellen, dass er ganz unbewusst seine<br />

Schritte wieder zum Haus der Ardoches gelenkt hatte. Jetzt, ohne<br />

den festlichen Schmuck und im nackten Sonnenlicht<strong>des</strong> Nachmittags,<br />

trat der allmähliche Verfall <strong>des</strong> einst prachtvollen Gebäu<strong>des</strong><br />

deutlich zu Tage, sah man das Abblättern der Farbe an den Wänden,<br />

das Bröseln <strong>des</strong> Putzes, die Macken an den Balustraden der<br />

Balkone und den Rost an den metallenen Fensterfassungen. Das<br />

Haus mochte größer sein als das der Aubans, über den Wohlstand<br />

der Familie sagte das nicht mehr viel aus. Kein Wunder, dass die<br />

Ardoches erpicht darauf waren, ihre Töchter gut zu verheiraten.<br />

Fabiou ließ seinen Blick die Fassade entlang gleiten. Etwas Mysteriöses<br />

hatte sich an jenem Abend ereignet, etwas, was mit eben<br />

dieser Fassade zu tun hatte.<br />

Cristinos Erscheinung.<br />

Fabiou lief auf die gegenüberliegende Straßenseite, damit er das<br />

Gebäude vollständig im Blick hatte, ohne Gefahr zu laufen, von<br />

einem Fuhrwerk oder einem der jungen Edlen zu Pferd niedergemäht<br />

zu werden, die der Meinung waren, die Straße sei für sie als<br />

Rennstrecke angelegt worden. Dort, im zweiten Stock, hatte Cristino<br />

am Fenster gesessen, und dort hatte sie dieses Gesicht durch<br />

die Scheibegesehen, nein, kein Gesicht, eine Maske, wie sie meinte,<br />

eine Maske mit blutigen Tränen…<br />

Fabiou suchte in seiner Erinnerung. Es war, von innen gesehen,<br />

das dritte Fenster von rechts gewesen, und wenn er den Raum und<br />

den davor liegenden Korridor richtig in Erinnerung hatte, führte<br />

keine Tür über die rechte Wand hinaus. Das bedeutete, besagtes<br />

Fenster war von hier aus das dritte von links im zweiten Stock <strong>des</strong><br />

Gebäu<strong>des</strong>. Er zählte die Fenster ab und kam zu dem Ergebnis, dass<br />

sechzehnjährige Mädchen noch überspannter sein mussten, als er<br />

immer schon angenommen hatte: Der einzige Balkon in diesem<br />

Stockwerk lag auf Höhe <strong>des</strong> sechsten Fensters von links; das einzige,<br />

was ihn mit jenem Fenster verband, war eine Stuckleiste, die<br />

nicht breiter als seine Hand zu sein schien, während die einzelnen<br />

Fenster gut zwei Schritt auseinander waren. Über und unter Cristinos<br />

Fenster war die Wand ebenso glatt wie verzierungslos. Nicht<br />

mal ein Affe könnte es schaffen, zu jenem Fenster zu klettern und<br />

kleine Mädchen zu erschrecken. Es sei denn, er hatte eine Leiter<br />

232

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!