04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Jungfrauen erwürgte. Oder das von dem alten Weiblein, das unter<br />

einer alten Eiche auf einem Stein sitzt und einen Raben auf der<br />

Schulter hat, und wenn der dreimal kräht, wird man zu Stein. Sie<br />

umklammertedas Medaillon miteiner Hand und ritt weiter.<br />

Es war noch immer sehr heiß, extrem heiß für den Mai. <strong>Die</strong><br />

Straße stieg leicht an, wand sich an einem kleinen Bachlauf entlang.<br />

Stellenweise war sie völlig von Gras und Unkraut überwuchert.<br />

Als sei hier lange keiner mehr geritten. Dann machte die<br />

Straße eine Biegung, und sie stand vor einem Tor.<br />

Es war ein gemauerter Rundbogen, der in eine etwa zwei Schritt<br />

hohe Mauer eingelassen war, fast vollständig verschwunden unter<br />

einer dicken Schicht aus wildem Efeu. Ein rostiges Gittertor war in<br />

jenen Bogen eingelassen und gab ihm im Verbund mit der Mauer<br />

ein wehrhaftes Aussehen. Dennoch, das erkannte man auf den er s-<br />

ten Blick, war dies nicht die Umfriedung einer alten Burganlage, wie<br />

sie die Rückständigeren unter den Junkern noch heute bewohnten,<br />

dazu war die Mauer zu dünn, die Steine zu akkurat behau en, der<br />

Bogen zu zierlich, die Gitterstäbe zu verschnörkelt. Das war keine<br />

Mauer, die feindliche Ritterheere abhalten sollte. Höchstens neugierige<br />

Nachbarn und gierige Langfinger. <strong>Die</strong> Mauvent hatten so<br />

eine Mauer, und die Bonieus, und wenn Frederis Vater nic ht das<br />

Geld ausgegangen wäre, hätte er auch so eine hochgezogen.<br />

Nur dass die Mauer der Bonieus und der Mauvent nicht von einer<br />

ellendicken Schichtaus Unkraut bedeckt war.<br />

Nachdenklich betrachtete Cristino das eigentümliche Bauwerk,<br />

die moosüberwachsenen, schmutzigen Steine, die Rostflecken auf<br />

dem Boden unter dem Gittertor, den Garten, der durch die Eisenstäbe<br />

zu erahnen war. Ein Weg, der sich zwischen alten Bäumen<br />

hindurchschlängelte, überwuchert von Winden und von Flechtgras,<br />

die Sträucher in die Höhe geschossen und verwildert, abgebrochene<br />

Äste wie Ruinen im kniehohen Gras. Verlassen, schoss<br />

ihr eine plötzliche Erkenntnis durch den Kopf, dieser Ort ist verlassen.<br />

Wer weiß, vielleicht sind die Besitzer gestorben, ohne Erben zu<br />

hinterlassen, oder sie haben sich verschuldet und der Besitz wurde<br />

gepfändet, aber kein Käufer fand sich, oder…<br />

Und das war der Moment, in dem sie das Wappen bemerkte.<br />

272

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!