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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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verschränkt. <strong>Die</strong> Abendsonne tauchte sein Gesicht in blutroten<br />

Glanz.<br />

Theodosius-das-Großmaul trat ein weiteres Weihwassergefäß<br />

um. «Bene», sagte Oma Felicitas, «zwei Möglichkeiten, Philomenus,<br />

ad unum, du versohlst dieser kleinen Pest endlich den Hintern,<br />

ad altrum, ich tue es.» Philomenus ignorierte sie. «Das ist euer<br />

Großvater, <strong>Kinder</strong>», verkündete er, aufden pompösen Grabstein in<br />

der Mitte weisend. «Ein großer Mann, fürwahr, ein tapferer Krieger,<br />

wahrer Edelmann und gläubiger Sohn unserer Mutter Kirche.<br />

Nehmt euch ihn zum Vorbild, Jungs, seinen Großmut, seine Tapferkeit,<br />

seine Kraft, solche Söhne und Neffen will ich haben, stark<br />

und mutig und edel wie …»<br />

«Amen, wir beten», fuhr ihm Oma Felicitas ins Wort und ließ<br />

sich auf die Knie fallen, in einer Geschwindigkeit, die keiner den<br />

alten Knochen mehr zugetraut hatte. «Ave Maria gratia plena benedicta<br />

est inter mulieris …», begann sie zu intonieren, und ebenso<br />

flink hatte sie einen Rosenkranz gezückt, schwarze Holzperlen<br />

an einer goldenen Kette, den sie nun abzuspulen begann. Catarino<br />

stöhnte leise, und die gesamte Verwandtschaft sank auf die Knie,<br />

abgesehen von Theodosius-das-Großmaul, der in seinem Vernichtungskrieg<br />

gegen die Weihwassergefäße fortfuhr. Oma Felicitas<br />

sandte ihm Blicke wie glühende Pfeile hinterher, während sie das<br />

Pater noster anstimmte.<br />

Es war vermutlich Sünde, das zu denken, aber Cristino konnte<br />

nur inständig hoffen, dass sie nicht vorhatte, den ganzen Rosenkranz<br />

zu beten, denn der Weg vor den Gräbern war steinig, und<br />

abgesehen davon, dass ihr jetzt bereits die Knie wehtaten,hatte sie<br />

eines ihrer besten Kleider angezogen – um genau zu seindas Beste<br />

von denen, die sich für die Kirche schickten –, und sie schauderte<br />

bei der Vorstellung,dass dieses Kleid soeben unter ihren Knien von<br />

Steinen zerrieben wurde,dass Staub und hinterhältige Grasflecken<br />

sich in das zarte Seidengewebe eindrückten und hinterher ganz<br />

bestimmt nie wieder herausgingen. Sie schielte nach rechts, Tante<br />

Eusebia, ergebungsvolle Augen dem Himmel zugewandt, als erwarte<br />

sie jeden Moment, dass die Jungfrau persönlich herabstieg,<br />

sie emporzuholen, die Mutter, noch immer schniefend, ein Tränlein<br />

im Augenwinkel, Onkel Philomenus, der Großmutter bitter-<br />

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