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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Ja, Himmel, Bub, denkst du, den Begriff Häresie hat die Kirche<br />

erst definiert, als dieser deutsche Mönch 1517 seine Schmähschrift<br />

an diese Kirchentür genagelt hat?», fragte der Buous entsetzt.<br />

«Leute, die gegen die Regeln der Kirche verstoßen, hat es schon<br />

immer gegeben. Klar, ich denke, ohne die ganze Aufregung wegen<br />

der Protestanten wären die Waldenser wahrscheinlich völlig<br />

in Vergessenheit geraten. Aber wenn man schon auf Ketzerjagd ist,<br />

schnappt man sich halt auch die, die einem in den letzten hundert<br />

Jahren am Arsch vorbeigegangen sind.»<br />

«Ja, aber die Unruhen gingen doch von den Waldensern aus,<br />

oder?», fragte Fabiou erstaunt. Er dachte an die Ruinen von La Costound<br />

Lourmarin.<br />

«Einen Dreck!», ereiferte sich der Bonieus. «Ich weiß, da gab’s<br />

diese Gerüchte, dass die Waldenser sich bewaffnet hätten und so,<br />

alle paar Wochen tauchte ein neuer Spinner auf und berichtete,<br />

dass er tausend bis an die Zähne bewaffnete Waldenser in Merindou<br />

gesehen hätte und so ein Mist! Ich frag’ mich, wo dieses Waldenserheer<br />

plötzlich war, als Maynier und de la Font ihre Truppe<br />

durch den Luberoun gejagt haben und bis auf die paar Hansel von<br />

Marron kein Mensch ihnen Widerstand geleistet hat!»<br />

«Ich sag’ dir, die waren alle gekauft, diese so genannten ‹Zeugen›!»,<br />

schimpfte der Buous. «<strong>Die</strong> wollten sich eine goldene Nase<br />

verdienen, die vom Parlament, indem sie den Besitz von den Waldenser<br />

einstrichen, das war’s, und <strong>des</strong>halb haben sie diese Horrorgerüchte<br />

über die Waldenser in Umlauf gesetzt, damit die Leute<br />

und der König hinter ihnen stehen. Also, ich sage euch, die Waldenser<br />

waren keine, die sich zusammenrotteten und Überfälle<br />

auf friedliche Leute planten. Ich hatte eine Menge Waldenser auf<br />

meinem Grund und Boden. Das waren friedliche, fleißige Leute,<br />

die pünktlich ihre Abgaben entrichtet haben und mit weltlichen<br />

Querelen nichts zu tun haben wollte. <strong>Die</strong> haben eben ihre eigenen<br />

Gottesdienste gefeiert mit ihren eigenen Priestern und ihren<br />

eigenen Riten, haben sich bemüht, streng nach der Bibel zu leben,<br />

so in Richtung Armut und Bescheidenheit, ein bisschen wie die<br />

Katharer fast, und das einzige Problem, das wir mit ihnen hatten,<br />

war, dass sie sich weigerten, Eide abzuleisten, wegen dieser Bibelstelle,<br />

deine Rede sei ja ja oder nein nein oder wie das heißt. Das<br />

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