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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Im selben Augenblick, in dem Fabiou auf seinem Kissen entschlummerte,<br />

hob Catarino drei Räume weiter den Kopf von dem ihren<br />

und stöhnte: « Ma petite , kommst du heute noch mal ins Bett, oder<br />

was?»<br />

<strong>Die</strong> Angesprochene, Cristino nämlich, saß an dem kleinen Tischchen<br />

vor dem Fenster, den Kopf in die Hand gestützt, und starrte<br />

im kläglichen Schein einer einsamen Kerze auf die Seiten eines<br />

dicken Buches. «Gleich…», murmelte sie geistesabwesend.<br />

«Sag mal, was liest du da eigentlich? Muss ja wahnsinnig spannend<br />

sein!»<br />

«Oh … hm… Vesalius.»<br />

«Kenn ich nicht. Was schreibt der so? Gedichte?»<br />

«Nein! Das ist kein Dichter. Er ist Anatom.»<br />

«Anawas?»<br />

«Na, das ist so einer, der … der …»<br />

Der Leichen aufschneidet.<br />

«… der untersucht, wie der Mensch von innen aussieht.»<br />

«Waas? Zeig mal!» Catarino hüpfte aus dem Bett und lief mit ihren<br />

nackten Füßen zu Cristino hinüber. Sie steckte die Nase in das<br />

Buch. «He!» Sie blätterte. «He!», rief sie dann noch einmal. «Da<br />

sindja lauter nackte Männer drin! Wo hast du denn das her?»<br />

Cristino wurde rot. «Aus… aus dem Studierzimmer. Es hat unserem<br />

Onkel gehört.»<br />

« Intrigant ! Mann, pass bloß auf, das Frederi das nicht sieht! Den<br />

trifft der Schlag vor Wut!»<br />

«Aber Bruder Antonius hat gesagt, dass ich es lesen soll!»<br />

«Wie bitte? Bruder Antonius?» Catarino lachte Tränen.<br />

«Ja!» Cristino wurde ärgerlich. «Damit meine Träume von Agnes<br />

und all den Toten aufhören!»<br />

«Bruder Antonius!» Catarino war japsend auf das Bett gesunken.<br />

«Ein Mönch! Hihihihiii! Wegen deiner Träume! Na, das ist<br />

ja ‘ne Methode!»<br />

«Du bist eine blöde Gans!», fauchte Cristino. «Überhaupt lese ich<br />

das Buch gar nicht wegen der nackten Männer, sondern weil ich es<br />

interessant finde, wie ein Mensch innen aussieht!»<br />

Catarino hörte auf zu lachen und verzog das Gesicht. «Wäh. Das<br />

ist doch eklig.»<br />

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