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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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missmutig gemurmelt, doch Frederi war hart geblieben wie Granit<br />

und das neue Kleid somit in weite Ferne gerückt. Immerhin, die<br />

Schuhe waren genehmigt.<br />

Über der Tür <strong>des</strong> Schusters, bei dem die Familie Auban ihre<br />

Schuhe machen ließ, stand mitnichten «Schuster», sondern «Chaussures<br />

pour dames &hommes» geschrieben. Der Laden war edel,<br />

die Kundschaft ebenso, und als die Dame Castelblanc mit ihren<br />

beiden Töchtern zur Tür hereingerauscht kam, gefolgt von Loís<br />

– die Jungs hatten die Gesellschaft Bardous dem Ladenbesuch vorgezogen<br />

–, sprang ihnen sofort ein <strong>Die</strong>ner entgegen, der ihnen die<br />

Mäntel abnahm. Der Ladenbesitzer, Mèstre George, war auch sogleich<br />

zur Stelle, bat die Damen mit einigen Verneigungen, sich<br />

doch zu setzen, und hörte sichdann ihr Begehren an – «mitdiesen<br />

silbernen Schnallen, versteht Ihr?» –, wobei er stets wissend und<br />

verständnisvoll nickte, einige fachliche Kommentare abgab – «den<br />

Absatz könnte man natürlich etwas höher legen, das ist jetzt modern<br />

in Paris» – und sich alles in allem wahrhaft perfekt darauf<br />

verstand, den Damen das Gefühl zu geben, bei ihm nicht nur in<br />

guten, sondern in den allerbesten Händen zu sein. Sogleich rief er<br />

dann nach einem Gesellen, der den Damen mehrere Paar Schuhe<br />

als Anschauungsstückhereinbrachte. «Mutter, so eins will ich, genau<br />

so, das in rosé, siehst du?», rief Catarino aufgeregt.<br />

Und um Cristino war es schlichtweg geschehen.<br />

Vor ihr lag das atemberaubendste Paar Schuhe, das sie in ihrem<br />

ganzen Leben gesehen hatte. Schlank, graziös, mit formvollendet<br />

geschwungener Sohle, schienen sie aus purem Silber zu sein und<br />

schillerten gläsern im Licht, dasdurchdas Fenster in den Verkaufsraumfiel.<br />

Sie sah sich tanzen in diesen Schuhen, schweben, und die<br />

Männer im Kreis standen mit offenen Mündern und weit aufgerissenen<br />

Augen, bis einer vortrat – Arman de Mauvent? Sébastien de<br />

Trévigny? Arnac de Couvencour? – und sie in seine Arme schloss<br />

und nachdraußen trug, und sein Mund näherte sich ihren Lippen,<br />

und …<br />

«Oder die da, Cristino, die mit der aufgenähten Goldborte, was<br />

meinst du? He, Cristino!»<br />

«Ich … ich hätte gern diese hier», flüsterte Cristino kaum hörbar<br />

und berührte vorsichtig mit dem Finger die silbernen Schuhe.<br />

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