04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Aha, Arnac hat also in der Tat gepetzt. «Das werde ich nicht<br />

tun!» Fabiou schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Es tat weh.<br />

Der Schmerz hatte etwas Erleichtern<strong>des</strong>. Er war normal. Normaler<br />

als irgendwelche geheimnisvollen Machthaber, die im Dunkeln<br />

lauerten, um ihm die Kehle durchzuschneiden. «Es geht hier um<br />

die Wahrheit, und nichts auf der Welt wird mich davon abhalten,<br />

sie herauszufinden, und wenn ich dabei draufgehe!»<br />

Couvencour schüttelte den Kopf, langsam, wie benommen. Seine<br />

Hand fuhr durch seine Haare, wischte die dürftigen Strähnen<br />

beiseite, dass nur eine kahle Platte bl ieb, in der sich die Kerzen s piegelten.<br />

«Mein Gott, du re<strong>des</strong>t wie Pierre», flüsterte er.<br />

Fabiouschluckte. Seine Kehle schmerzte vor Trockenheit.<br />

Couvencour stand auf und machte einen Schritt in den Raum<br />

hinein. Einfach so, ziellos. Fabiou hatte das Gefühl, es ging ihm nur<br />

darum, seinem Blick auszuweichen. «Hast du dir jemals überlegt,<br />

warum Martin Luther friedlich in seinem Bett gestorben ist, statt<br />

auf einem Scheiterhaufen der Inquisition zu enden?», fragte er.<br />

Fabiou schüttelte den Kopf. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass<br />

Martin Luther friedlich in seinem Bett gestorben war.<br />

«Der Kaiser hätte viele Möglichkeiten gehabt, ihn zu töten. Luther<br />

versteckte sich eine Zeitlang bei einem deutschen Fürsten,<br />

doch selbst damals war es ein offenes Geheimnis, wo er war. Der<br />

Kaiser hätte die Burg, auf der er sich aufhielt, angreifen und seine<br />

Herausgabe erzwingen können. Der Kaiser hätte ihn gleich auf<br />

dem Reichstag zu Worms festsetzen und hinrichten lassen können.<br />

Aber er hat es nicht getan. Kannst du dir denken, warum?»<br />

Fabiou schüttelte erneut den Kopf. Er wusste wirklich nicht,<br />

worauf Couvencour hinaus wollte.<br />

«Weil Luther ein Mythos war», erklärte Couvencour. «<strong>Die</strong> Deutschen<br />

hätten es dem Kaiser nie verziehen, wenn er ihn getötet<br />

hätte, das Volk genauso wenig wie die Fürsten. Und der Kaiser ist<br />

nichts ohne loyale Fürsten. Er war gut beraten, Luther am Leben<br />

zu lassen.»<br />

Fabiou betrachtete Couvencour über den flackernden Halo der<br />

Kerzen hinweg. «Was… was wollt Ihr damit sagen?», fragte er.<br />

«Dass niemand, egal wie mächtig er ist, ungestraft einen Mythos<br />

tötet», sagte Couvencour.<br />

623

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!