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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Das Aben<strong>des</strong>sen wurde in absolutem Stillschweigen eingenommen.<br />

Cristino schwieg, weil sie nicht wusste, worüber sie mit Degrelho<br />

hätte reden sollen, und weil es sich für eine junge Dame, die<br />

bei fremden Leuten zu Gast ist, schließlich auch so geziemt. Doch<br />

auch die beiden Degrelhos schwiegen. Archimède sah kaum von<br />

seinem Teller auf, während er langsam, gemessen das Fleisch kaute.<br />

Victor säbelte auf seinem Teller herum, als ob er einen tödlichen<br />

Hass gegen seinen Schweinebraten hegte. Das Messer quietschte<br />

schrill auf dem Silber. Es klang wie das Kreischen einer verlorenen<br />

Seele. Schließlich, das Schweigen hatte ein unerträgliches Ausmaß<br />

erlangt, legte der ältere Degrelho sein Messer beiseite und blickte<br />

seinen Sohn über die Tischplatte hinweg an. «Sag mal, was ist los<br />

mit dir?», fragte er.<br />

Weiter schrammte das Messer über den Teller . Iiiik, iiiik. Victor<br />

sah nichtauf.<br />

«Du kommst hier hereingeschneit, sprichst kein Wort, wirfst<br />

bloß mit finsteren Blicken um dich – so kenne ich dich gar nicht!»,<br />

sagte der Baroun.<br />

Victor hob den Kopf «Seltsam, nicht wahr?» Er grinste. «Manchmal<br />

entdeckt manganz neue Seiten an Menschen, die man zu kennen<br />

glaubt.»<br />

«Mein Gott, wenn deine Mutter wüsste, wie du dich hier aufführst,<br />

und das im Beisein unseres Gastes…»<br />

«Lasst Mutter aus dem Spiel, um Gottes willen, einmal wenigstens!»<br />

Victor knallte das Messer auf die Tischplatte. Seine Augen<br />

blitzten wütend. «Was stört Euch eigentlich? Dass ich keine<br />

höfliche Konversation betreibe? Dass ich einmal nicht der brave,<br />

gehorsame, schüchterne Sohn bin? Mamas kleiner Liebling, Mamas<br />

kleiner Angsthase? War ich wirklich ein so ängstliches Kind,<br />

Vater? So ängstlich, dass man mich nicht mal eine Nacht in der<br />

Obhut eines <strong>Kinder</strong>mädchens zurücklassen konnte? Ich kann mich<br />

gar nicht daran erinnern, so ängstlich gewesen zu sein!»<br />

Cristino sah unsicher von einem zum anderen. Sie wusste aus<br />

leidlicher Erfahrung, wie schnell Familienstreitigkeiten eskalieren<br />

konnten. Wie peinlich, sollte sie jetzt Zeuge einer Szene zwischen<br />

Victor und seinem Vater werden.<br />

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