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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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den bleiernen Buchstaben stieß, und fragte, wobei er der Verständigung<br />

wegen schreien musste: «Ihr wünscht, Senher?»<br />

«Seid Ihr Mèstre Mouche Piqueu?», fragte Fabiou.<br />

«Tztztz!» Sein Gegenüber schüttelte ungläubig den hageren<br />

Kopf. «Sehe ich so aus, als wäre ich’s?»<br />

«Es tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung, wie Mèstre Piqueu<br />

aussieht», entgegnete Fabiou. «Wo finde ich ihn?»<br />

«Tja, ich fürchte, da müsst Ihr sehr weit reisen», meinte der Dürre<br />

mit dem Bürstenhaar, wobei er fortfuhr, den Kopf zu schütteln.<br />

«Mouche Piqueu ist tot. Und zwar schon seit dreizehn Jahren.»<br />

Dreizehn, die Teufelszahl – wieso kamen ihm gerade jetzt diese<br />

Worte seiner Schwester in den Sinn? Seit dreizehn Jahren. Vor<br />

dreizehn Jahren schrieben wir das Jahr <strong>des</strong> Herrn 1545.<br />

«Vielleicht wollt Ihr solange mit mir vorlieb nehmen – Mèstre<br />

Louis Piqueu, zu Euren <strong>Die</strong>nsten, der jüngere Bruder <strong>des</strong> Verstorbenen<br />

und Erbe <strong>des</strong> Geschäftes. Was führt Euch hier her, junger<br />

Senher? Ihr seid gewiss Student und sucht nach einem preisgünstigen<br />

Druckerzeugnis aus unserem Betrieb? Etwas mit kleinen<br />

Schönheitsfehlern vielleicht?»<br />

«N…nein, nicht direkt. Es geht um ein bestimmtes Buch, das<br />

in dieser Druckerei hergestellt worden ist, vor ungefähr sechzehn<br />

Jahren. Aus bestimmten persönlichen Gründen benötige ich dringend<br />

Informationen darüber.» Bestimmte persönliche Gründe,<br />

klingt dochgut!<br />

«So.» Mèstre Piqueu der Jüngere zwinkerte ihm zu. «<strong>Die</strong> Sachlage<br />

ist also komplizierter. Kleinen Moment. – Jousè, Ruth ist soweit<br />

bestückt, komm ‘rüber und hilf!» Er warf Fabiou, der große Augen<br />

machte, einen entschuldigenden Blick zu. «Sie tragen alle Frauennamen,<br />

meine Pressen», erklärte er. «Weil sie genauso laut, genauso<br />

anstrengend und genauso launisch wie Weibsbilder sind. Das da<br />

drüben ist Ruth, daneben Esther, die da heißt Lea, das ist Rebecca<br />

und das Rahel. Und das hier» – er tätschelte die Druckmaschine,<br />

die ihm am nähesten Stand – «ist mein Glanzstück. Delilah, die<br />

schöne Delilah, die beste Presse von Ais und dem ganzen Süden!»<br />

Fabiou betrachtete das eiserne Ungetüm zweifelnd und überlegte,<br />

was man an diesem Verhau aus Ösen und Schrauben schön finden<br />

konnte. Eine Holztafel ziertedasobere Ende von DelilahsGewinde.<br />

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