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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Er war mit einem Waldenser befreundet, war’s nicht so?», fragte<br />

Fabiou. «Lucian – Veive, nicht wahr? Der Sohn vom Schultheiß von<br />

La Costo.»<br />

«Herr Jesus, das weißt du?» Beatrix lachte. «Lucian, oh je. Das war<br />

so einer, ich kann’s euch sagen. Wenn der Kopf nicht angewachsen<br />

gewesen wäre, hätte man ihn festschrauben müssen, sonst hätte<br />

er nach spätestens fünf Minuten nicht mehr gewusst, wo er ihn<br />

gelassen hat. Deswegen hat sein Vater ihn auf diese Klosterschule<br />

geschickt. Sein Vater war neben seiner Tätigkeit als Schultheiß<br />

vor allem der reichste Bauer von La Costo. Lucian war seinältester<br />

Sohn, aber er hat sich ziemlich schnell von dem Gedanken verabschiedet,<br />

ihn zu seinem Erben zu machen, und für diese Aufgabe<br />

Lucians jüngeren Bruder Jacque ausersehen. Der ist so beschränkt,<br />

der taugt nur zum Studieren, pflegte er über Lucian zu sagen, und<br />

er investierte eine Menge Geld in diese Schule, um ihm eine angemessene<br />

Bildung zu ermöglichen. Er ging ein nicht unbeträchtliches<br />

Risiko ein, muss man sagen. Natürlich wurden Waldenser<br />

nicht zu Klosterschulen zugelassen, also musste die Familie Veive<br />

ihre wahre Religion verbergen, als sie Lucian in die Schule gab.<br />

Hector und Pierre haben die Wahrheitdamalsdurch Zufall herausgefunden.<br />

Was letztlich ein Glück für Lucian war. Hector hatte eine<br />

Schwäche für all die Verfolgten und Unterdrückten, er war begeistert,<br />

einen heimlichen Waldenser unter seinen Schulkameraden zu<br />

haben, und nahm Lucian mit Freuden unter seine Fittiche. Und das<br />

war bitter nötig, denn Lucian brachte auch in der Schule nicht allzu<br />

viel zustande, und ohne Hectors und Pierres tatkräftige Hilfe wäre<br />

er wahrscheinlich schon nach ein paar Wochen wieder nach Hause<br />

geschickt worden. Na ja, zum Studieren hat es dann doch nicht<br />

gereicht. Aber der Vater eines Schulkameraden lebte hier in Ais als<br />

Kaufmann und stellte ihn als Buchhalter an, als er die Schule verließ.<br />

Er war sogar relativ erfolgreich in seiner Tätigkeit dort. Egal.<br />

Er ist tot. <strong>Die</strong> ganze Familie ist tot, einschließlich seiner Eltern und<br />

Jacque und aller anderen.» Beatrix holte tief Luft.<br />

Fabiou starrte nachdenklich in Richtung der alten Grabsteine.<br />

«Wann genau ist mein Vater gestorben?», fragte er.<br />

<strong>Die</strong> Frage hatte Tante Beatrix offensichtlich nicht erwartet.<br />

Sie wirkte einen Moment lang ziemlich durcheinander, bevor sie<br />

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