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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Am folgenden Tag, dem 19. April 1558, kehrten drei Reisende in der<br />

Aubergo dei Cacalauso d’Or, der Herberge zur Goldenen Schnecke<br />

ein. <strong>Die</strong>ses Gasthaus, das sich wie so viele andere in der Carriero<br />

d’Esquicho-Mousco befand, gehörte sicher nicht zu den besten und<br />

komfortabelsten in Ais, aber es war durchaus eine Örtlichkeit, in<br />

der man auch ohne Beziehungen zu Mitgliedern örtlicher <strong>Die</strong>besbanden<br />

nächtigen konnte, ohne über Nacht seiner Geldbörse, seiner<br />

Kleider und wohlmöglich sogar seines Lebens beraubt zu werden.<br />

Besitzerin war eine Frau, die Panschers-Terèso, deren Namen nicht<br />

etwa auf die Qualität ihres Weines schließen ließ, der nämlich<br />

recht ordentlich war. Aber sie hatte das Wirtshaus von einem entfernten<br />

Vetter, dem Panschers-Guihaume, übernommen, dem ma n<br />

aufgrund <strong>des</strong> extremen Anteils an Wasser und Zucker in seinen alkoholischen<br />

Getränken die Gewerbeerlaubnis entzogen hatte, und<br />

der Name war an ihr hängen geblieben.<br />

<strong>Die</strong> drei Fremden erreichten Ais und damit die Cacalauso d’Or<br />

aus unterschiedlichen Richtungen. Der erste, ein großer, kräftiger<br />

Mann mit einem fast völlig faltenlosen Gesicht unter einem praktisch<br />

kahlen Kopf, <strong>des</strong>sen Alter zu schätzen unmöglich war, betrat<br />

Ais aus östlicher Richtung kommend durch die Porto Bello-Gardo<br />

bereits am frühen Morgen. Er bestellte sich Brot und Schinken<br />

bei dem Schankmädchen, erklärte der Panschers-Terèso auf<br />

französisch, dass er ein paar Nächte zu bleiben gedächte, und zog<br />

sich dann sogleich mit seinem Frühstück in das ihm zugewiesene<br />

Zimmer zurück, mit dem dringenden Wunsch, nicht gestört zu<br />

werden, den er mit einer Handvoll Münzen auf der Schanktheke<br />

unterstrich.<br />

Wenn die Leute zahlen, fragt man nicht, erklärte die Panschers-<br />

Terèso dem Schankmädchen, einer dreizehnjährigen Göre, die sie<br />

eines Winters aus dem Straßengraben gezogen und an Kin<strong>des</strong> statt<br />

angenommen hatte.<br />

Der zweite Fremde näherte sich Ais über die Route de Marseille<br />

und gelangte über die Porto dis Augustin in die Stadt. Er war<br />

langgewachsen, hager; dichte, leicht gelockte, an den Schläfen ergraute<br />

Haare deckten sein Haupt wie eine Pelzmütze. Er trug einen<br />

einfachen grauen Reisemantel, wie man ihn oft bei französischen<br />

Kaufleuten oder anderen Bürgerlichen sah. Obwohl ihm der Fran-<br />

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