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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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enutzt oder sich vom Dach herab abgeseilt. Letzteres stellte die<br />

Frage, wie er hinaufgekommen sein sollte, ersteres wäre den wartenden<br />

Kutschern sicherlich aufgefallen.<br />

Fabiou seufzte tief, schwor sich, nie wieder etwas auf das Gerede<br />

großer Schwestern zu geben, die ein Glas Wein zu viel getrunken<br />

hatten, und wandte sich zum Gehen.<br />

Und dann sah er es.<br />

Es war ihm auf dem fleckigen Putz nicht gleich aufgefallen, da<br />

es nur ein Rußschmierer, ein Rest schwarzer Farbe zu sein schien.<br />

Aber es war mehr als das. Eine Zeichnung, an die Wand gekritzelt<br />

rechts neben dem dritten Fenster, man hätte sich weit hinauslehnen<br />

müssen, um sie zu sehen.<br />

Keine Zeichnung, ein Schriftzug. Ein Schriftzug so unbeholfen<br />

und krakelig wie die Schrift eines kleinen Kin<strong>des</strong>, das zum ersten<br />

Mal einen Kohlestift in der Hand hält und versucht, seinen Namen<br />

zu schreiben, und obwohl die Buchstaben groß waren und Fabiou<br />

ziemlich gute Augen hatte, brauchte er sicher eine volle Minute,<br />

dieseseine Wort zu entziffern.<br />

Er hörte das Rattern der Karren auf dem Pflaster, das Brüllen der<br />

Kutscher, die Schreie der spielenden <strong>Kinder</strong>, die am Straßenrand<br />

entlangflitzten, doch nichts von dem berührte ihn mehr, er stand<br />

an der Mauer eines fremden Hauses und starrte auf ein Wort, in<br />

den unleserlichen Buchstaben eines Analphabeten geschrieben:<br />

SANTONOU<br />

***<br />

Das erste gesellschaftliche Großereignis dieses Sommers war das<br />

Gartenfest bei den Mancoun, und es war zu Recht eine Veranstaltung,<br />

die die Schneider, Schuster und Goldschmiede der Stadt ins<br />

Schwitzen brachte und allen Müttern von Töchtern im heiratsfähigen<br />

Alter schlaflose Nächte bescherte. <strong>Die</strong> Mancoun waren eine<br />

sehr alte und – eine mittlerweile selten gewordene Kombination<br />

– ausgesprochen reiche Adelsfamilie. Ihre Ländereien hatten sie<br />

in der unmittelbaren Nachbarschaft von Ais, dem Osten zu, nahe<br />

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