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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Hast du einen besseren Vorschlag?», fragte Beatrix amüsiert.<br />

«Ich… weiß nicht. Ich werde darüber nachdenken.»<br />

«Tu das», sagte Beatrix lächelnd. «Tu das ruhig.»<br />

***<br />

An jenem Tag – dem 10 . Juni, um genau zu sein – brach Fabiou,<br />

der Poet und Investigator, erneut zur Universitätsbibliothek auf.<br />

Wie das letzte Mal kleidete er sich in sein bestes Gewand – eines<br />

der neuen diesmal, ein dunkelgrünes Wams mit einer grauen Hose<br />

–, drückte sich das dazu passende Barett auf die roten Locken und<br />

betrachtete sich im Spiegel.<br />

Es war kein kleiner Junge mehr, der ihm leicht verzerrt aus dem<br />

Spiegel entgegenblickte. Er war wahrlich in die Höhe geschossen<br />

in den letzten Wochen; er war länger, dünner, sein Gesicht schmaler,<br />

und das Gewand, das nun endgültig nicht mehr das Gewand<br />

eines Kin<strong>des</strong>, sondern das eines Mannes war, tat ein Übriges. Fabiou<br />

starrte fasziniert auf eine fremde Gestalt, die Gestalt eines mageren,<br />

sommersprossigen jungen Mannes mit leuchtenden grünen<br />

Augen. Fast hatte er das Gefühl, auf das Portrait in Omas Salon zu<br />

blicken.<br />

Der Ritter der Kelche. Ein gutes Gefühl.<br />

Es war helllichter Tag, die Straße belebt, und die Universität ja<br />

nur zwei Straßen entfernt. Dennoch ertappte er sich dabei, wie er<br />

sich alle paar Schritte umdrehte, seinen Blick über die gleichgültigen<br />

Gesichter streifen ließ, die an ihm vorüberzogen. Irgendwo<br />

im Moloch dieser Stadt lauerte jemand auf ihn, wie eine Spinne<br />

in ihrem Netz, und wartete auf den Moment, wo er zupacken<br />

konnte.<br />

Das war kein gutes Gefühl.<br />

<strong>Die</strong>smal bewegte er sich um Längen sicherer durch die Korridore<br />

der Universität. Dem Mann am Eingang der Bibliothek schenkte er<br />

eingleichmütiges Lächeln, während er seinen Namen in das Registraturbuch<br />

kritzelte. Dann lief er weiter, zu den Regalen.<br />

1542 - 1545. Er blätterte durch die Galaud’schen Annalen. Berichte<br />

über Feierlichkeiten, über Beschlüsse <strong>des</strong> Parlaments, über<br />

Steuern und Gesetze. Berichte über Verbrechen, über Gerichts-<br />

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