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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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te und letztlich vermutlich gegen das buffet stieß und sämtliche<br />

Tische umkippte. Hilfesuchend sah sie sich nach ihrer Schwester<br />

um und entdeckte sie schließlich am Arm von Comte de Trévigny,<br />

auf den sie in ausgesprochen unziemlicher Weise einredete. «Oh,<br />

ich liebe die Gaillarde», hörte sie Catarino plappern. «Und ich beherrsche<br />

diesen Tanz perfekt! Natürlich, mein Schwesterchen ist<br />

auch eine ganz passable Tänzerin – sie hat viel von mir gelernt,<br />

wisst ihr?» Cristino überlegte gerade, ob sie vielleicht einen Ohnmachtsanfall<br />

simulieren sollte, als der Tanzmeister zweimal kräftig<br />

mit seinem Stock auf den Boden pochte und den Musikanten<br />

den Einsatz gab.<br />

Zu spät für jede Flucht! Augenblicklich stellten sich die Paare in<br />

Position, und zu den Anweisungen <strong>des</strong> Tanzmeisters, die klangen<br />

wie die gebrüllten Kommandos eines Offiziers in einer Schla cht,<br />

begann der Tanz.<br />

Und mit Cristino geschah etwas Seltsames. In dem Moment, als<br />

die Tänzer sich in Bewegung setzten, fiel die Nervosität mit einem<br />

Schlag von ihr ab. Wie von selbst begannen sich ihre Beine zu bewegen,<br />

in perfekter Harmonie mit den Schritten von Alexandre de<br />

Mergoult. Lächelnd registrierte sie, wie manche Paare ringsumher<br />

die Schrittfolgen verwechselten, über Kleidersäume stolperten,<br />

an den Fugen im Parkett hängen blieben, wie junge Damen einen<br />

Aufschrei unterdrückten, als ihr Kavalier ihnen auf den Fuß trat,<br />

während die Kavaliere selbst nur mit Mühe einen Fluch zurückhalten<br />

konnten. Catarino, die perfekte Tänzerin, stakste wie eine<br />

fußlahme Henne an Trévignys Seite einher, Alessia schimpfte erbost<br />

auf den jüngeren Buous ein, und das Gesicht <strong>des</strong> Tanzmeisters<br />

wurde von Minute zu Minutesäuerlicher. Doch sie selbst schwebte<br />

wie schwerelos an Alexandres Seite, getragen von Lauten- und<br />

Gambenklängen, während sie eine vollkommene Bewegung an die<br />

andere reihte. Vergessen waren ihre zu engen Schuhe, vergessen<br />

war die Erinnerung an Arman de Mauvent und ihr Gelöbnis von<br />

ewiger Liebe. Sie befand sich in einem Universum, das nur noch<br />

aus diesem Tanz bestand, in dem jede andere Realität zerfloss, in<br />

dem sie der Mittelpunkt der Welt war, um den herum das All sich<br />

drehte, die Sonne, der Mond, die Sterne. Fernen Geistern gleich<br />

standen die Zuschauer <strong>des</strong> Tanzes an den Wänden, sie erahnte das<br />

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