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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Teil an Menschen, für die das Reisen beschwerlich war, an schwangere<br />

Frauen, Greise, Kleinkinder und Kranke, zum anderen war<br />

es ein offenes Geheimnis, wie das Parlament mit Menschen, die<br />

der Ketzerei verdächtig waren, zu verfahren pflegte und dass viele<br />

Richter jeden, der mehr als das Hemd am Leibe besaß, zu verurteilen<br />

suchten, um sich an seinem Besitz zu bereichern. Verängstigt<br />

durch die Tatsache, dass sie in Aix mitnichten ein gerechtes<br />

Verfahren, sondern nur Ungerechtigkeit und letztlich vielleicht der<br />

Tod erwartete, sandten die von Mérindol statt<strong>des</strong> sen einen Beauf -<br />

tragten nach Aix, um Aufschub oder eine Unte rsuchun g vor Ort<br />

zu erbitten, woraufhin das Parlament ohne eine weitere Warnung<br />

am 18. November 1540 einen Arrêt erließ, der besagte, dass sämtliche<br />

Verdächtigen aufgrund ihres Nichterscheinens innerhalb einer<br />

gesetzten Frist vor Gericht der Ketzerei überführt und damit<br />

zum Tode verurteilt seien, einschließlich der im Dekretgenannten<br />

Frauen und <strong>Kinder</strong>, dass jene Familienangehörige der Verurteilten,<br />

die zwar nicht namentlich genannt und somit nicht der Ketzerei<br />

überführt seien, dennoch an die Galeeren und in die Sklaverei verkauft<br />

würden, und dass, daganz Mérindol offensichtlich der Ketzerei<br />

anhing – eine Annahme, die auf einer einzigen Zeugenaussage<br />

beruhte, nämlich der eines ehemaligen Priesters <strong>des</strong> Ortes – der<br />

gesamte Ort niedergebrannt, die Wälder gerodet und sämtliche<br />

Güter konfisziert werden sollten. Ein Urteil, das nicht nur ein Verstoß<br />

gegen jeden Grundsatz der Menschlichkeit und christlicher<br />

Nächstenliebe ist, sondern jedem Recht und Gesetz widerspricht,<br />

das in diesem Land Gültigkeit hat. Ad unum ist es unrechtmäßig,<br />

eine Frist für abgelaufen zu erklären, über deren Existenz die Betroffenen<br />

nicht einmal informiert waren. Ad altrum ist es gegen<br />

je<strong>des</strong> natürliche und göttliche Recht, eine Familie zu bestrafen für<br />

ein Vergehen, das nur eines oder ein Teil ihrer Mitglieder begangen<br />

hat, und umso mehr an Leib und Leben. Ad tertium ist es gegen<br />

je<strong>des</strong> natürliche und göttliche Recht, unmündige <strong>Kinder</strong> zum<br />

Tode zu verurteilen. Adquartum hat in keinem Fall überhaupt eine<br />

gerichtliche Untersuchung stattgefunden, die die Anklagepunkte<br />

verifizierte; weder hatten Richter <strong>des</strong> Parlaments sich vor Ort von<br />

den Vorwürfen gegen die von Mérindol überzeugt, noch war auch<br />

nur ein Einziger der Angeklagten ordnungsgemäß vor Gericht ge-<br />

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